2019 war für Tourismus und Fliegerei wahrlich kein Glanzjahr. Insofern könnte man annehmen, dass es nur besser werden könne. Da bin ich mir nicht so sicher. Schlechtleistung scheint zum System geworden zu sein und eine Trendwende ist nicht erkennbar.
178 Jahre nach der ersten Pauschalreise durch Thomas Cook, fahren die aktuellen Manager das Unternehmen gegen die Wand. Nicht nur, dass ein ehemals glorreiches Unternehmen sein unrühmliches Ende gefunden hat, es stürzt sowohl seine Kunden als auch die gesamte Branche in eine tiefe Krise.
Vor 103 Jahren wurde die Firma Boeing gegründet. Eine stolze Flugzeugfabrik, der Erstflug der Boeing 747 im Februar 1969 (im gleichen Jahr wie die erste Mondlandung) zählt zu den Sternstunden in der Geschichte der Fliegerei. Das Boeing-Arbeitspferd 737 ist über mehrere Generationen hinweg gefertigt der weltweit meistgebaute Flugzeugtyp und wurde inzwischen über 10.000 mal verkauft. Aber mit der neuesten Version 737 Max gelingt es Boeing nicht, ein zuverlässiges Flugzeug zu fertigen.
Nachdem alle Parkmöglichkeiten der gefertigten aber nicht einsatzfähigen Flugzeuge erschöpft sind, mehr als 400 Exemplare stehen inzwischen sinnlos auf irgendwelchen Parkplätzen rum, wird die weitere Fertigung jetzt endlich eingestellt. Aber die 737 Max ist nicht nur ein Boeing-Problem. Weltweit geraten dadurch Kunden und Zulieferer ohne eigenes Verschulden in tiefe wirtschaftliche Probleme.
Eine erschreckende Bilanz
Beiden Skandalen ist eines gemeinsam und das ist für mich die erschreckende Bilanz aus 2019, das bislang fast blinde Vertrauen der Kunden „in Sicherheit“, ein wesentlicher Erfolgsgarant für beide Industrien, ist zumindest fahrlässig, wenn nicht sogar mehr als fahrlässig, zerstört worden.
Laut Information des Konkursverwalters stand Thomas Cook zuletzt mit 10,8 Mrd. Euro im Minus. Auch ein sehr unfähiges Management schafft diese Anhäufung nicht in kurzer Zeit. Irgendwann muss es auch dort deutlich geworden sein, als immer noch Gelder buchender Kunden eingesammelt wurden, das dieses Konstrukt schief geht. Irgendwann muss auch der Politik und den Verbänden (in Deutschland) klar geworden sein, dass die Deckelung der Haftungs-Versicherungssumme in Höhe von 110 Mio. Euro nicht ausreichend sein wird. Fast alle haben aber zugesehen und gewartet bis es zum Crash kam.
Bei Boeing kommen laufend neue Einzelheiten ans Licht, wie die Firmenphilosophie nicht sachgerecht auf Mängelanzeigen aus dem Betrieb reagierte. Auch hier negierte man kritische Meldungen und bot Lösungen an, die im Verhältnis zum Problem eigentlich als außerordentliche Chuzpe bezeichnet werden muss. Auch hier haben Politik und FAA viel zu lange weggesehen (oder nicht begriffen), wie von Seiten des Managements getrickst wurde. Wird schon gutgehen. Ging aber nicht. So langsam wagen sich einige Whistleblower ans Licht der Öffentlichkeit und machen auch auf Probleme bei anderen Boeing-Typen aufmerksam. Und auch Boeing scheint die Dinge grundsätzlich angehen zu wollen, der inzwischen erfolgte Rücktritt des Boeing Chefs kann jedoch nur ein Anfang sein.
Vertrauen gewinnt man nicht so leicht zurück, wie man es verliert
Aber Vertrauen in Sicherheit wieder zu gewinnen, ist keine Sache, die sich mit dem Abriss des Kalenderblattes 31. Dezember 2019, automatisch einstellt. Ähnlich könnte man auf das Thema Schlechtleistung in der deutschen Luftfahrtbranche eingehen. Wobei der Fokus hier auf dem Gesamtpaket Flug liegen sollte. Ewig lange Schlangen an der Sicherheitskontrolle, zwei Stunden Wartezeit ist nicht mehr die Ausnahme, sie "versauen" das Erlebnis Flug, bevor es angefangen hat. Aber dies wird inzwischen als "normal" angesehen und es gibt keine ernsthaften Bemühungen, außer "staatstragenden Sonntagsworten", dass sich dies in 2020 ändern sollte.
In DUS darf die schon lange negativ beleumundete Sicherheitsfirma Kötter so einfach aus einem laufenden Vertrag aussteigen, weil sie keinen "Bock mehr" auf eine ordentliche Leistungserfüllung hat. Wenn es insgesamt nicht besser (seriöser) wird, könnte man leicht abgewandelt Christian Lindner (FDP) zitieren: "Lieber nicht reisen, als schlecht reisen."
1989 war "Reisefreiheit" das Wort des Jahres. Reisefreiheit heute kann man so definieren: "Jeder darf so schlecht reisen, wie ihm der ‚billige Preis‘ noch Spaß macht", aber leider leiden auch jene darunter, die einen anderen Anspruch inklusive entsprechender Zahlungsbereitschaft haben.
Ist eine Änderung in 2020 in Sicht? So groß kann Optimismus eigentlich nicht sein. Trost in schwerer Fliegereibranche-Stunde und für mich das Bild des Jahres: Eine Klimaaktivistin sitzt im ICE mit großem Gepäck auf dem Boden. Egal ob Fake oder teilweise richtig, was immer mit diesem Bild PR-mäßig beabsichtigt war, wenn das die Alternative zum Fliegen ist, dann ist noch weniger Optimismus für 2020 angesagt. Noch eine letzte "bissige Bemerkung" zum Jahreswechsel. Gerüchteweise wird im Hintergrund nach einem neuen Bundesverkehrsminister gesucht. Ein Merkmal, angesichts der Vorgänger Scheuer, Dobrindt, Ramsauer, solle angeblich absolutes Desinteresse für das Thema Luftfahrt sein. So jemand wird sich doch in Bayern finden lassen.