Das Branding des Weihnachtsmanns ist wahrlich ein Klassiker, vor allem seine Farben rot und weiß. Und das schon seit einer Ewigkeit. Ganz ohne Rebranding oder Product Relaunch, jeden Dezember auf’s Neue frisch wie am ersten Tag. Davon träumen Werber und Marketingstrategen sonst nur. Und versuchen, mit geschickten Kampagnen Image und Marke des Weihnachtsmanns auf andere Produkte abstrahlen zu lassen. Etwa mit den rot-weißen Trucks eines Brausekonzerns. Und jetzt, ganz kühn, bei Air Berlin. Der ist nämlich nach über 30 Jahren Bestehens aufgefallen, dass ihre Firmenfarben auch perfekt mit jenen des Weihnachtsmanns korrespondieren. Also entschloss man sich in der Hauptstadt, für die zuletzt schwächelnde Airline gleich die größte Werbekampagne ihrer Geschichte zu starten. Als Nachfolger von Johannes B. Kerner, einem mittlerweile etwas abgehalfterten TV-Moderator, als sogenannter „Air Berliner“ bis dato wichtigste Werbegestalt des alten Hunold-Clans, konnte nun ein wahrhaft universeller und unverwüstlicher Nachfolger gefunden werden: kein geringerer als der Weihnachtsmann.
Und mit ihm an Bord stieg Air Berlin gleich ganz groß ein: „Flying home for Christmas“ heißt die Kampagne, die fatal an einige der nervtötendsten Weihnachts-Dudel-Songs erinnert, die uns um diese Jahreszeit aus jedem Radio quälen. Im Mittelpunkt steht eine neue Boeing 737-800 in spezieller Weihnachtsbemalung. Und ein erwartbar sirupartiger Singsang, der den gleichen Titel wie die Kampagne trägt und es schon – Überraschung! – in mehrere Privatradios geschafft haben soll. Sympathisch immerhin, dass das Werk von einem Mitarbeiter verfasst wurde und unter anderem von einem singenden Flugbegleiter vorgetragen wird. Richtig dufte Beteiligung der Belegschaft also, die gerade die Weihnachtsfeier gestrichen bekam. „Wir sitzen alle in einer Boeing mit Herrn Mehdorn“, könnte die Botschaft sein. Dessen persönliche Assistentin gehört übrigens zu einer Truppe Elfen, die unter den Mitarbeitern gecastet wurden. Sie sind zusammen mit Santa Claus auf ausgewählten Flügen an Bord, singen mit den Passagieren Weihnachtslieder und schenken Glühwein aus. Entzückend, dieses Festtagsidyll.
Bei diesem Brimborium fällt es Mitbewerbern schwer, ihren Anteil an der allgemeinen fliegerischen Weihnachtsseligkeit zu reklamieren. Lufthansa hat wieder ihre etwas Oma-haft daherkommenden Adventskränze mit den Silberkugeln aus dem Lager entstaubt und in alle Flugzeuge gehängt. Ich habe neulich einen ganzen Flug von Frankfurt nach Hamburg davor gesessen und mir ausgemalt, welch hippe Kreationen mit knallbunten Applikationen man stattdessen einführen könnte. Auf den Flughäfen zeigt der Kranich Displays mit beschneiten Hecks und roten Mützchen drüber, allerliebst. An Bord gibt es in First und Business Class derzeit wie jedes Jahr als Option Gänsebraten mit Rotkohl und Klößen – wer’s mag. Andere Airlines können Weihnachten besser. Zum Beispiel Qantas. Vor längerer Zeit bin ich mal am 25. Dezember von Bangkok nach Sydney geflogen, im Oberdeck einer Boeing 747-400. Dort hingen am Christmas Day, in Australien der Hauptfeiertag, „Merry Christmas“-Girlanden quer durch die Kabine. Die Flugbegleiter trugen über ihren Uniformhosen Christmas Shorts, und an ihren Weihnachtskrawatten konnte man ziehen, dann spielten sie „Jingle Bells“. Zur Feier des Tages durfte ich mir aus dem Cockpit den Ayers Rock aus Reiseflughöhe ansehen. Als ich zu meinem Sitz zurückkam lag dort eine Geschenktüte. „I dropped a present on your seat“, erklärte mir der Purser grinsend. Drin war eine große Flasche Champagner. So macht Fliegen an Weihnachten doch wirklich Spaß.
Qantas ist jetzt bei Oneworld und bald Partner von Air Berlin. Da sollten sich die Berliner von den Aussies mal einige Scheiben abschneiden in Sachen Weihnachten über den Wolken. Ein bisschen australische Hemdsärmeligkeit anstelle triefenden deutschen Weihnachtsschmalzes täte Air Berlins nächster Weihnachtsinszenierung jedenfalls gut. Zumal dann ja am Montag dieser Woche sogar der leibhaftige Weihnachtsmann bei Air Berlin auftrat – und gar nicht in rot gewandet war. Dafür war er waschechter Australier. James Hogan, Chef von Etihad. Und was in seinem Sack war, hatte es in sich: 73 Millionen Euro an finanzieller Beteiligung. In diesem Sinne: Frohes Fest!
Die nächste Spaethfolge erscheint am 4. Januar 2012.