Von "schweineviel Arbeit" spricht der Vorsitzende der Fluglärmkommission (FLK), Raunheims Bürgermeister Thomas Jühe. Auf 155 Seiten hat die Fluglärmkommission in kurzer Zeit von Experten die fünf von Hessens Verkehrsminister Tarek Al-Wazir vorgeschlagenen Lärmpausen-Modelle am Frankfurter Flughafen durchrechnen und zusammenfassen lassen. Am Ende überwiegt die große Skepsis, ob die vom hessischen "Obergrünen" entwickelten Rechenexempel den Anwohnern an Deutschlands größtem Airport tatsächlich eine Entlastung bringen.
Auf ihrer Sitzung in Raunheim empfiehlt die FLK in Raunheim schließlich keines der fünf Modelle. Immerhin: Modell vier wird für den Probebetrieb toleriert - allerdings auch nur in Betriebsrichtung West. Das ist bei Westwind am Frankfurter Flughafen in 75 Prozent der Flüge der Fall. Bei Ostwind wurden alle Modelle abgelehnt. Entlastungen für Mainz und Flörsheim stehe zusätzlicher Lärm für bereits Hochbetroffene gegenüber, kritisiert die Kommission, in der die Fluglärm-Kommunen organisiert sind.
Eine Stunde länger Lärmpause für 40.000 Menschen
Rund 40.000 Menschen könnten unterm Strich durch das Modell vier eine zusätzliche Stunde Lärmpause bekommen - zwischen 23 und 5 Uhr morgens gilt ohnehin das Nachtflugverbot. Gewinner bei der abwechselnden Nutzung der Bahnen in den Randstunden wären vor allem die Bewohner im Frankfurter Süden am späten Abend. Frankfurts Umweltdezernentin Rosemarie Heilig (Grüne) zeigt sich daher nach der Sitzung auch zufrieden. Zu den Verlierern gehören dagegen Hanau oder der Main-Kinzig-Kreis.
Wegen der Verschiebungen und Neubelastungen gebe es auch bei Modell vier für die FLK "Verdauungsschwierigkeiten", sagt Jühe (SPD). Für die Tolerierung des Probebetriebs habe es aber eine "deutliche Mehrheit" gegeben.
Bürgerinitiativen lehnen das gesamte Konzept ab
Das neutrale FLK-Votum für Modell vier lässt Al-Wazir, der die Einführung der Lärmpausen zu einem seiner zentralen Ziele gemacht hat, noch glimpflich davonkommen. Hätte die Kommission bei allen Modellen den Daumen gesenkt, wäre das für den Verkehrsminister eine schwere Niederlage gewesen. Jetzt hat er doch noch eine Chance zu beweisen, dass Lärmpausen im Saldo kein "Nullsummenspiel" sind, wie er an die Adresse seiner Kritiker sagt. Die Bürgerinitiativen haben das gesamte Konzept, das nicht weniger Flüge bringt, ohnehin bereits im Vorfeld als untauglich abgelehnt.
Geht es nach Al-Wazir, könnte der Probebetrieb für das neue Modell im April im Sommerflugplan beginnen. Die FLK verlangt ein Lärm-Monitoring. Das Experiment müsse auch abgebrochen werden, wenn es keine "stabilen" Ergebnisse bringe, sagt Jühe. Die Kommunen richten ohnehin jetzt den Blick nach vorn: Al-Wazirs Ministerium müsse sich jetzt der Einführung einer Lärmobergrenze für den Flughafen annehmen, wie es die Kommission fordert.