Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) will das Aufkommen aus der Luftverkehrsteuer vergrößern, um mehr Mittel zur Erforschung und Entwicklung klimafreundlicher Innovationen im Flugzeugbau bereitstellen zu können.
Konkrete Zahlen nannte der Minister nicht. Man befinde sich aber bereits in "konstruktiven Gesprächen" mit der Luftverkehrsbranche für eine Anpassung der Steuer, sagte Scheuer auf der nationalen Luftfahrtkonferenz in Leipzig.
In einer Podiumsdiskussion mit dem Minister reagierte Lufthansa-Chef Carsten Spohr allerdings kritisch. Die Frage sei, wie viel mehr Ungleichheit die deutsche Luftverkehrsbranche im internationalen Wettbewerb vertragen könne: Wenn es so weitergehe mit den einseitigen nationalen Steuerbelastungen, stehe er auf einer Konferenz wie dieser als Vertreter der deutschen Airline-Branche bald alleine da.
"Wenn wir mal ehrlich sind, wären zwei andere (Germania, Air Berlin, d.Red.) heute vielleicht noch dabei, wenn die Belastung eine andere wäre." Der Wettbewerber für die Lufthansa heiße nicht Deutsche Bahn, sondern Air France/KLM und Turkish Airlines. "Wenn es in Istanbul keine Ticketabgabe gibt, wird es hier schwierig."
Minister Scheuer: Fördern statt verbieten
Scheuer hatte sich bereits im Vorfeld der Konferenz dafür ausgesprochen, die milliardenschweren Einnahmen aus der Luftverkehrsteuer zukünftig für den Klimaschutz einzusetzen. "Unser Ministerium will fördern statt verbieten, saubere und synthetische Kraftstoffe billiger machen. Wir setzen uns dafür ein, dass die Einnahmen der Luftverkehrsteuer für Forschung, Innovation und Klimaziele genutzt werden."
Scheuer stellte sich damit hinter einen Vorstoß des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL). Dieser hatte verlangt, die Einnahmen aus der Luftverkehrsteuer für die Markteinführung von regenerativen Kraftstoffen einzusetzen. Derzeit werde das Steueraufkommen nicht gezielt für klimapolitische Zwecke im Luftverkehr eingesetzt.
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Auch der Luftfahrtbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Jarzombek, hat die Vorschläge des BDL begrüßt. Der CDU-Politiker sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Die Einnahmen aus der Lkw-Maut gehen ja auch zu 100 Prozent wieder in die Straßen-Infrastruktur. Wir sollten auch in der Luftverkehrsbranche einen solchen Kreislauf schaffen. Wir müssen generell mehr Mittel zur Verfügung stellen, um Technologien zu fördern."
Jarzombek sagte weiter: "Die Konferenz hat zwei Ziele. Zum einen wollen wir herausstellen, wie wichtig die Branche auch für Arbeitsplätze in Deutschland ist. Zum anderen geht es um mehr Nachhaltigkeit beim Fliegen." Schwerpunkt seien (hybrid-)elektrische Antriebe und synthetische Treibstoffe. "Es ist wichtig, dass diese schnell in die Serienreife kommen."
Zu der Luftfahrtkonferenz kamen am Mittwoch in Leipzig Politiker, Unternehmer sowie Vertreter von Branchenverbänden und Gewerkschaften zusammen. Themen waren neben mehr Klimaschutz auch der digitale Wandel und neue Technologien.
Luftverkehrsteuer bringt 1,2 Milliarden Euro pro Jahr
Die deutsche Luftverkehrsteuer hatte dem Bund 2018 rund 1,2 Milliarden Euro eingebracht. Eine automatische Zweckbindung gibt es bei Steuern aber laut Finanzministerium nicht.
Die Steuer war 2011 von der schwarz-gelben Bundesregierung zur Etatsanierung eingeführt worden. Im Inland und auf Kurzstrecken sind pro Flug 7,50 Euro fällig, für Mittelstrecken 23,43 Euro und für fernere Ziele 42,18 Euro. Zahlen müssen dies die Fluggesellschaften. Sie können die Mehrkosten wegen des harten Wettbewerbs kaum über höhere Ticketpreise bei den Reisenden weitergeben, was aber nicht immer gelingt.
Scheuer sagte außerdem, der Ansatz des Ministeriums bleibe technologieoffen und verkehrsträgerübergreifend: "Wir denken Luftverkehr nicht ohne die anderen Mobilitätsangebote, vor allem die Bahn. Ein System, mit dem Deutschland mobil und erfolgreich bleibt, aber zugleich innovativer und klimafreundlicher wird."
Maßgeblich für die Erhebung der Steuer ist allerdings nicht das Verkehrsministerium sondern das Finanzministerim. Die Steuer auf Flugreisen in Höhe von eigentlich maximal einer Milliarde Euro ist im generellen Hauhalt eingeplant.
Branche setzt auf Forschung und synthetisches Kerosin
Die Branche will in Leipzig mit Politik, Industrie und Gewerkschaften Verabredungen treffen, wie die Wettbewerbsfähigkeit der Luftfahrt gestärkt und der Luftverkehr besser in Einklang mit dem Klimaschutz weiterentwickelt werden könne. Das sagte BDL-Präsident Klaus-Dieter Scheurle der dpa.
Der Verband habe Vorschläge für wirkungsvolle und umsetzbare Maßnahmen für mehr Wettbewerbsfähigkeit und Klimaschutz gemacht: "Wir setzen darauf und wünschen uns, dass wir uns auf der Konferenz mit der Politik auf gemeinsame Wege verständigen." Der BDL will langfristig auf die Entwicklung und massenhafte Produktion synthetischen Flugbenzins setzen. Das fossile Kerosin solle durch regenerative Kraftstoffe ersetzt werden, damit die CO2-Emissionen des Luftverkehrs auf Null sinken könnten, heißt es in einem Konzept.
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In den vergangenen Wochen hatte auch die Debatte über klimaschädliche Inlandsflüge Fahrt aufgenommen. Um den Umstieg auf die Bahn zu stärken, liegen verschiedene Vorschläge auf dem Tisch - etwa, die Mehrwertsteuer für Bahntickets im Fernverkehr zu senken. Zuerst hatte SPD-Umweltministerin Svenja Schulze für eine Erhöhung ausgesprochen.
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Die Lufthansa steht nach den Worten von Vorstandschef Carsten Spohr zu ihrer Verantwortung in Sachen Klimaschutz. Wichtigstes Mittel bleiben aus seiner Sicht die laufenden Investitionen in neue, effizientere Flugzeuge, wie Spohr vor kurzem gesagt hatte.
Der "Süddeutschen Zeitung" sagte Spohr, er sehe große Chancen, die Klimabelastung durch den Luftverkehr in den nächsten zehn Jahren deutlich zu senken. Er glaubt, der CO2-Ausstoß ließe sich langfristig um zehn Prozent senken, wenn synthetischer Treibstoff in großen Volumina hergestellt würde.
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Grünen-Politiker forderten derweil eine Verdopplung der Luftverkehrsteuer. "Auch der Luftverkehr muss endlich einen Beitrag zum Klimaschutz leisten", sagten die Grünen-Bundestagsabgeordneten Daniela Wagner und Stephan Kühn der dpa. Die zusätzlichen Einnahmen aus der Steuer sollten nicht in den Bundeshaushalt fließen, sondern anteilig in die Förderung von emissionsarmen Flugzeugen und in die Förderung klimaneutraler, alternativer Kraftstoffe für die Luftfahrt investiert werden.
Am 20. September soll das Klimakabinett der Bundesregierung über ein Gesamtpaket für mehr Klimaschutz entscheiden. Deutschland droht, nationale und international verpflichtende Klimaziele zu verfehlen.