Verdi will im Tarifstreit um die Piloten der Eurowings ein Wörtchen mitreden. Nachdem die Gewerkschaft bereits neben der Unabhängigen Flugbegleitergewerkschaft Ufo in der Eurowings-Kabine vertreten ist, bereitet sie aktuell die Wahl einer Tarifkommission für das Eurowings-Cockpit vor. Dort ist bislang vor allem die Vereinigung Cockpit (VC) aktiv.
"Wir erleben bereits seit einigen Wochen eine Eintrittswelle und bereiten nun Tarifkommissionswahlen für das Eurowings-Cockpit vor", sagt Marvin Reschinsky von Verdi gegenüber airliners.de. Bei den Piloten der Eurowings sei das Interesse an einer Gewerkschaft gewachsen, "die transparent kommuniziert, Beschäftigte am Tarifprozess beteiligt und ihre Tarifkommissionen unabhängig von Vorständen oder anderen Tarifkommissionen im Konzern entscheiden lässt".
Damit spielt die Dienstleistungsgewerkschaft auf interne Streitigkeiten der Vereinigung Cockpit an, die im vergangenem Jahr zur Wahl eines in wesentlichen Teilen neu zusammengesetzten Vorstands bei der Pilotengewerkschaft geführt hatten und im Hintergrund offenbar weiter brodeln. Nach außen getragene Probleme im neuen Vorstand, der als "Team Change" angetreten war, behindern die Arbeit in der Gewerkschaft zudem weiter.
Nur geringe Wirkung bei Eurowings-Streik
Die Vereinigung Cockpit hatte in der vergangenen Woche mit einem Streik bei Eurowings für Flugausfälle gesorgt. Insidern zufolge meldeten sich aber deutlich mehr Piloten zur Arbeit, als von der Lufthansa erwartet. Zahlreiche andere meldeten sich krank. Nur aufgrund vorsorglicher Streichungen kam es demnach zum Ausfall von rund der Hälfte der Eurowings-Flüge.
Neben der überraschend geringen Streikbereitschaft bei der deutschen Eurowings konnte Lufthansa zudem auf Wetleasing-Partner sowie andere Airlines im Konzern zurückgreifen. So flog unter anderem die offiziell in Österreich registrierte Eurowings Europe weiter. Aktuell steht zudem ein Eurowings-Ableger auf Malta in den Startlöchern.
Verdi will nicht nur bei Eurowings übernehmen
Vor diesem Hintergrund warnt Verdi davor, dass die Interessen der Piloten bei Eurowings "hinten rüber zu fallen" drohten, sagt Reschinsky. "Wir sehen, dass sich immer mehr Piloten eine politisch schlagkräftige Gewerkschaft wünschen, um sich im Sinne ihrer Berufsgruppe in politische Diskussionen, wie zur Single Pilot Operations oder der Nachhaltigkeitsdebatte, einzubringen und gehört zu werden." Als zweitgrößte Gewerkschaft weltweit mit den Verbindungen zur Icao, nach Brüssel und in die Bundespolitik könne Verdi dies gewährleisten.
Verdi nimmt seit einiger Zeit Anlauf, der Vereinigung Cockpit ihren Platz bei der Vertretung der Interessen von Cockpit-Beschäftigten bei deutschen Airlines streitig zu machen. Während die VC vielfach vor allem als "Gewerkschaft der Lufthansa-Piloten" angesehen wird, versucht sich Verdi dabei zunächst bei kleineren Airlines.
Vor der nun anstehenden Tarifkommissionswahl bei Eurowings konnte sich Verdi zuletzt erfolgreich bei Aerologic als Tarifpartner positionieren. Ein Streik der Vereinigung Cockpit bei dem Lufthansa-DHL-Gemeinschaftsunternehmen wurde wegen Erfolglosigkeit dagegen abgesagt. Zudem ist Verdi bei Easyjet für die deutschen Piloten zuständig, die allerdings aktuell weniger werden, da sich der Billigflieger in Berlin deutlich verkleinert.
Vor dem Zusammenbruch der Air Berlin gab es auch dort Verdi-Piloten. Einige davon wurden später bei Eurowings übernommen. Der Verdi-Vorstoß bei dem Lufthansa-Billigflieger ist übrigens nicht der erste. Schon Ende 2017 gab es einen Anlauf der Dienstleistungsgewerkschaft, die Neugestaltung der Tarifverträge für die Eurowings-Piloten mitzugestalten.