Carbonfaser-Kunststoffe (CFK) gelten zwar als teuer - doch der superleichte und stabile Kunststoff ist aus dem Flugzeugbau genauso wenig wegzudenken, wie aus der Automobilindustrie. Im niedersächsischen Stade hat sich mit dem Verein CFK Valley ein Kompetenzzentrum etabliert. Dessen Vorstandschef Gunnar Merz setzt auf Internationalisierung. Das Valley-Motto: "Addicted to Carbon" (Dem Carbon verfallen).
Merz hat sich vorgenommen, die Idee des CFK Valleys in die Welt hinauszutragen. Kopiert worden sei sie ohnehin schon häufig; jetzt solle sie gezielt in Europa und auch in Japan und Korea so umgesetzt werden, dass Stade partnerschaftlich daran beteiligt ist - wie beispielsweise bei der Kooperation mit der japanischen Universität Nagoya oder dem bereits aktiven Kompetenzzentrum in Belgien nach Stader Vorbild. Merz spricht von einem "Meta-Cluster" - einem globalen Netzwerk für den Einsatz von Carbonfaser-Technologie.
Lesen Sie auch: Airbus startet A350-Produktion in Deutschland
Mit dieser Politik will der Chef des Vereins CFK Valley Stade internationale Geschäftsbeziehungen intensivieren. Die Unternehmen des CFK Valley, die in dem Stader Verbund tätig sind, erwarten von Merz internationale Kontakte und daraus erwachsende Geschäftsbeziehungen. Klartext: CFK-Technologie und vor allem das Knowhow sollen neue Märkte generieren.
Der Verein CFK Valley Stade, gegründet 2004 im Wesentlichen auf Initiative des Airbus-Konzerns, entwickelte sich parallel zum Kompetenzzentrum. Er hat und hatte die Aufgabe, aktives Marketing für die Hightech-Schmiede vor den Werkstoren von Airbus zu forcieren, aber auch die Kräfte zu bündeln und Firmen zu überzeugen, im Zentrum und im Verein mitzuarbeiten. 115 Unternehmen aus aller Welt gehören aktuell dem Verein an. Sie finanzieren überwiegend die Arbeit von Merz und seinem Team.
Flugzeugbau im Fokus
Nach wie vor im Fokus der CFK-Forscher steht der Flugzeugbau. In Stade ist dazu mit Zuwendungen des Landes Niedersachsen für 27 Millionen Euro eigens ein Forschungszentrum aufgebaut worden, in dem annähernd 100 Wissenschaftler arbeiten. Federführend sind das Deutsche Institut für Luft- und Raumfahrt (DLR) und Materialforscher vom Fraunhofer-Institut dabei.
Lesen Sie auch: DLR-Forschungsautoklav geht in Betrieb
Das relativ teure Material lohne sich überall dort, wo eine Leichtbaulösung durch eine Gewichtseinsparung gerechtfertigt sei oder die Leichtbauanforderungen nicht anders erfüllbar seien, sagt Felix Kruse, Professor für Leichtbau und Technische Mechanik an der Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) in Hamburg.
Gegenüber klassischen metallischen Werkstoffen wie Stahl gebe es in Hinblick auf Prozesszeiten und Kosten bei CFK noch enormen Entwicklungsbedarf. Ein großer Treiber sei hier die Automobilbranche. Ob sich CFK in diesem Massenmarkt durchsetzen werde, sei vor allem eine Frage des Recyclings. Metallische Werkstoffe hätte sowohl in der CO2-Bilanz als auch bei der Recyclingfrage klare Vorteile, so Kruse weiter.
Türkisches Unternehmen will sich als Airbus-Zulieferer ansiedeln
CFK-Valley-Chef Merz jedenfalls ist von der Carbonfaser überzeugt. Er präsentierte das Konzept des Zentrums auf mehreren Delegationsreisen mit Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), unter anderem in der Türkei und Brasilien. "Bei unseren Internationalisierungsaktivitäten geht es neben der Eröffnung von Marktzugängen insbesondere darum, Partner mit hoher Innovationskraft zu gewinnen, deren Portfolio bestens zu uns passt und unsere Stärken ergänzt", sagt Merz zu seinen Akquisitions-Reisen in Sachen "Hightech made in Stade".
Konkrete Folge: Ein türkisches Unternehmen möchte sich mit dem Bau von Flugzeugteilen aus CFK als Zulieferer von Airbus in Stade ansiedeln. Perspektive: 100 neue Jobs.