Flughäfen mit begrenzter Kapazität stehen weltweit vor großen Herausforderungen, um Angebot und Nachfrage auszugleichen. Die europäische Politik will die Slot-Verordnung überarbeiten. Welche Vor- und Nachteile bringt das aktuelle EU-System? Welche Herausforderungen bringen Slot-Coordination oder Slot-Allocation in Sachen Effizienz und Effektivität? Wie praktikabel wären wirtschaftliche Lösungen wie Auktionen und Sekundärhandel? Wie verhalten sich die Fluggesellschaften als Reaktion auf die Regelungen? In der airliners.de-Serie "Slots neu denken" gehen unsere Gastautoren zahlreichen Fragen auf den Grund und stellen verschiedene Fälle aus der Praxis vor.
Einführung
In den vergangenen 30 Jahren hat sich in der Welt der Luftfahrt viel verändert. Vor der Liberalisierung in den 1990er Jahren wurde der Luftverkehr (in Europa) noch von staatlichen "Flag-Carriern" beherrscht, die von ihren eigenen nationalen "Drehkreuzen" aus eine Reihe von nahen (und fernen) Zielen bedienten, die sich im Laufe der Zeit nur langsam entwickelten, obwohl die Nachfrage nach Flugreisen exponentiell zunahm.
Nach der Liberalisierung stieg die Nachfrage parallel zum Wachstum der Gesamtwirtschaft weiter an, aber fast das gesamte Wachstum entfiel auf Billigfluggesellschaften, die Punkt-zu-Punkt-Verbindungen, oft zwischen sekundären, kleineren Flughäfen, anboten.
Gemessen an der Zahl der geflogenen Sitze ist Ryanair jetzt mit 51 Millionen Sitzen im Zeitraum April bis Juni 2023 die mit Abstand größte Fluggesellschaft in Europa, verglichen mit der zweitplatzierten Easyjet mit 26 Millionen Sitzen. Lufthansa liegt bei 14 Millionen und British Airways bei unter zehn Millionen.
In der Zwischenzeit blieb es auf den europäischen Drehkreuzflughäfen seltsam ruhig. Die inzwischen privatisierten "Full Service Carrier“ (FSC) behielten ihren Anteil am Verkehrsaufkommen an ihren Drehkreuzen bei oder bauten ihn aus, während sich ihre Streckennetze in gleichmäßigem Tempo weiterentwickelten.
Es wäre falsch zu sagen, dass es gar keine Reaktion gibt: Die FSC haben ihre eigenen Low-Cost-Marken auf den Markt gebracht und den Umfang ihres Bordservices deutlich reduziert, um Kosten zu sparen. Aber trotzdem hat man das Gefühl, dass es zwei Welten gibt, wenn es um Fluggesellschaften geht.
Die Erholung des Luftverkehrs nach der Corona-Pandemie hat ein noch helleres Licht auf diese beiden parallelen Welten geworfen. Die meisten Schlagzeilen über die Erholung konzentrieren sich darauf, wie nahe die Gesamtpassagierzahlen dem Niveau von 2019 kommen. Hinter diesen Gesamtzahlen verbergen sich jedoch erhebliche Schwankungen unter der Oberfläche.
Studien, die Frontier Economics im letzten Jahr für ACI durchgeführt hat, haben gezeigt, dass sich hinter der Erholung des LCC-Verkehrs eine erhebliche Veränderung im Verhalten der Anbieter verbirgt. Strecken werden viel schneller eröffnet und geschlossen als vor der Pandemie. Die Fluggesellschaften werden flexibler und experimentierfreudiger bei der Wahl ihrer Flugrouten.
Lufthansa-Maschinen am Flughafen Frankfurt am Main © dpa / Boris Roessler
Im Jahr 2022, als die Nachfrage noch nicht wieder das Niveau von vor der Pandemie erreicht hatte, zeigte sich, dass das Streckennetz der LCC nicht einfach nur eine Reproduktion von 2019 in einem etwas kleineren Maßstab war. Stolze 37 Prozent der Strecken, die Ryanair im Jahr 2022 angeboten hat, standen überhaupt nicht im Flugplan von 2019. Bei Easyjet waren es 26 Prozent und bei Wizz kolossale 47 Prozent.
Die jüngsten Daten des ACI-Konnektivitätsberichts 2023 zeigen, dass die Konnektivität (ein Maß für die Anzahl der bedienten Strecken) zwar immer noch um 16 Prozent hinter dem Niveau von 2019 zurückbleibt, aber die Konnektivität zwischen Punkt-zu-Punkt-Flughäfen (minus vier Prozent) und Drehkreuzflughäfen (minus 25 Prozent) sehr unterschiedlich ist.
Wie Slots in Europa verteilt werden
Bevor ich beginne, sollte ich sagen, dass ich im Folgenden über europäische Flughäfen spreche. Die Welt der US-Flughäfen ist ganz anders, nicht zuletzt wegen der Art und Weise, wie die Terminals in der Regel den Fluggesellschaften gehören beziehungsweise von ihnen kontrolliert werden. Das verändert die Funktionsweise des Flughafens und die Nutzung der Start- und Landebahnkapazitäten erheblich. Auf dieses Thema kann ich hier nicht eingehen.
Was ist also so anders an den europäischen Drehkreuzen als an den Punkt-zu-Punkt-Flughäfen? Auch wenn ein Teil der Erklärung in der langsamen Erholung des Geschäftsreiseverkehrs auf der Langstrecke zu suchen ist, lässt sich ein wichtiger Faktor unserer Meinung nach auf zwei weitere Begriffe reduzieren: Überlastung beziehungsweise Slots.
Wie Slots in Europa verteilt werden und was Ökonomen daran kritisieren steht Lesern mit airliners+ Zugang zu Verfügung
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