Die Gewerkschaft Verdi weitet die Warnstreiks an den Passagierkontrollen deutscher Flughäfen aus. Am Dienstag soll der größte Flughafen in Frankfurt zusammen mit Hamburg, Stuttgart und Karlsruhe/Baden-Baden bestreikt werden.
Schon am Montag konnten nach Branchenangaben Zehntausende nicht fliegen, weil Passagier-, Personal- und Frachtkontrollen bestreikt wurden. Betroffen waren seit dem frühen Morgen Berlin, Düsseldorf, Köln/Bonn, Hannover, Hamburg, Leipzig/Halle und Bremen. Die Gewerkschaft ging davon aus, dass sich bundesweit etwa 1350 Beschäftigte an den Warnstreiks beteiligen. In der Folge kam es auch an anderen Flughäfen zu Ausfällen.
Die Beschäftigten wollen damit im laufenden Tarifstreit ihren Forderungen nach höheren Löhnen für Sicherheitskräfte an Verkehrsflughäfen Nachdruck verleihen. Die Gewerkschaft geht davon aus, dass sich bundesweit etwa 1350 Beschäftigte an den Warnstreiks beteiligen.
Ab Mittag dehnte die Gewerkschaft ihren Warnstreikaufruf auf München aus. Die Aktion in der bayerischen Landeshauptstadt soll erst am Dienstag um 24:00 Uhr enden. In München sind laut Verdi die Frachtkontrolle sowie die Personal- und Warenkontrolle betroffen. Nicht betroffen sind jedoch die Passagierkontrollen, weil diese Mitarbeiter dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst unterliegen. Die Auswirkungen des Warnstreiks waren aber schon am Montag spürbar: Je 20 Starts und Landungen wurden in München wegen Streiks auf anderen Flughäfen annulliert, wie die Flughafengesellschaft am Mittag mitteilte.
Arbeitgeber kritisieren kurzfristige Ausstände
Verdi will einen Vertrag für zwölf Monate und darin die Stundenlöhne um mindestens einen Euro erhöhen. Die Gehälter der Gepäck- und Personalkontrolleure sollen das Niveau der Beschäftigten bei der Passagierkontrolle erreichen, Beschäftigte in der Flugzeugbewachung und der Bordkartenkontrolle bundesweit einheitlich bezahlt werden.
Der Arbeitgeberverband BDLS kritisierte die Forderungen von Verdi als "utopisch". Die Gewerkschaft habe für die Luftsicherheitskräfte Forderungen von bis zu 40 Prozent Erhöhung aufgestellt, beharre seit Beginn der Tarifrunde auf diesen und verweigere sich in nunmehr drei Tarifrundenden ernsthaften Verhandlungen. "Verdi vertritt unter anderem und unabhängig aller Gespräche und Angebote weiter die utopische Haltung, den höchsten Lohn in der Luftsicherheit noch einmal anzuheben und dann andere Lohngruppen an diesen Lohn anzugleichen. Jedem dürfte klar sein, dass dies nicht darstellbar ist und keine jeder Grundlage für eine Verhandlung entbehrt“, erklärt BDLS-Verhandlungsführer Rainer Friebertshäuser.
ADV: "Horrorszenario für die Fluggäste"
"Die kurzfristig angesetzten Arbeitskampfmaßnahmen bedeuten ein Horrorszenario für die Fluggäste, die keine Möglichkeit haben, sich auf die Flugausfälle einzustellen", kritisierte Ralph Beisel, der Hauptgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen ADV. Er verwies zugleich auf die hohen Verluste, die die Flughäfen in der Corona-Krise erwirtschaften.
Der Verband kritisierte den Streikaufruf als "nicht verhältnismäßig". "Wir appellieren an die Tarifpartner, zu den strittigen Punkten eine Übereinkunft am Verhandlungstisch zu suchen", sagte Beisel.
Der Frankfurter Betreiber Fraport bat sämtliche Gäste, die in Frankfurt zusteigen wollten, nicht zum Flughafen anzureisen. Es werde während der gesamten Streikdauer keine Möglichkeit geben, den geplanten Flug zu erreichen. Bei den Transitprozessen mit umsteigenden Passagieren rechne man mit Verzögerungen. Man habe kein Verständnis für einen derart umfassenden Streik, der auf dem Rücken der Passagiere ausgetragen werde, sagte ein Unternehmenssprecher. Für Dienstag seien 770 Flugbewegungen geplant gewesen.
Flugausfälle an den bestreikten Flughäfen
Seit den frühen Morgenstunden haben nach Angaben der Gewerkschaft die Sicherheitskräfte an den Flughäfen Düsseldorf, Berlin, Bremen, Hannover und Leipzig die Arbeit niedergelegt.
Bereits am Morgen hatte der Warnstreik zu zahlreichen Flugausfällen am Hauptstadtflughafen BER geführt. Personal der Sicherheitskontrollen für die Passagiere und der Zutrittskontrollen für Mitarbeiter hatte am frühen Morgen die Arbeit niedergelegt. Nach Angaben eines Flughafensprechers wurden zwei Drittel der Abflüge gestrichen. Im Terminal bildeten sich Warteschlangen.
Laut Gewerkschaft Verdi beteiligten sich in der Frühschicht etwa 220 Kolleginnen und Kollegen an dem Warnstreik. "Wir sind begeistert von der Beteiligung", sagte Verdi-Vertreter Helge Biering. Der Warnstreik sei für den ganzen Tag geplant.
In Düsseldorf seien bereits rund 160 der ursprünglich geplanten rund 290 Flüge abgesagt worden, teilte der Airport am Morgen mit. Am Flughafen Köln/Bonn wurden nach Angaben des Airports 94 der geplanten 136 Ankünfte und Abflüge gestrichen. "Über den Tag finden nur zehn Abflüge statt", teilte der Flughafen mit.
Die Flughäfen riefen Passagiere dazu auf, sich bereits vor der Anreise bei den Airlines darüber zu informieren, ob ihr Flug abgesagt wurde. "Auch wenn Ihr Flug stattfindet, sind erhebliche Verzögerungen bei der Passagierkontrolle zu erwarten", betonte der Düsseldorfer Airport und rief dazu auf, das Handgepäck auf ein Minimum zu reduzieren, um die Kontrollen zu beschleunigen.
Wie der Gewerkschaftssprecher in Leipzig mitteilte, haben seit dem vergangenen Abend bereits 30 Mitarbeiter die Arbeit niedergelegt. Auswirkungen zeigen sich in Verzögerungen bei der Personen- und Warenkontrolle. Ein Sprecher des Flughafens sagte, dass bis zu acht Flüge möglicherweise von dem Streik betroffen sein könnten. Ein verstärkter Einsatz von Beamten der Bundespolizei soll die Ausfälle in der Personenkontrolle ausgleichen.
Auch an den Flughäfen in Hannover und Bremen fielen am Montag zahlreiche Flüge aus. Wie am Morgen aus den Online-Abflugplänen hervorging, wurden in Hannover 15 von 27 und in Bremen vier von 13 Abflügen gestrichen
Tarifstreit zieht sich
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi verhandelt bundesweit für die etwa 25.000 Beschäftigten der Branche mit dem Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) über mehr Geld. Die Gewerkschaft fordert unter anderem eine Lohnerhöhung von mindestens einem Euro pro Stunde bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Zudem will sie erreichen, dass regional unterschiedliche Löhne "auf das höchste Entgeltniveau" angeglichen werden.
Bereits Ende Februar hatte es nach zwei Verhandlungsrunden ohne Ergebnis an einzelnen Flughäfen Warnstreiks gegeben. Anfang März hatte die dritte Runde ebenfalls kein Ergebnis gebracht. Verdi bezeichnet das Angebot der Arbeitgeberseite als "unzureichend".
Der Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen hatte nach den Gesprächen von Annäherungen gesprochen, die Vorstellungen lägen aber noch weit auseinander. In den vergangenen Wochen hatte es an mehreren Flughäfen Warnstreiks gegeben. Beide Seiten wollen sich am 16. und 17. März in Berlin zu weiteren Verhandlungen treffen.