Die Menschen am oberen Ende der Wohlstandsskala werden zuerst wieder für Urlaubsreisen ins Flugzeug steigen. Davon zeigten sich Branchenvertreter und Airline-Chefs auf der ITB Berlin NOW überzeugt. Die Reisemesse fand pandemiebedingt in diesem Jahr als Online-Kongress statt. Dort kritisierte Ryanair-CEO Eddie Wilson die Subventionen zahlreicher Staaten für Fluglinien. Delta-Chef Ed Bastian bedankte sich dagegen bei der US-Regierung dafür.
Douglas Quinby, Gründer der Reiseplattform Arival, machte der Branche Hoffnung auf baldige Erholung. Seine Trendforschungen hätten ergeben, dass sie von den Besserverdienenden getrieben werde. Zumindest in den USA gaben 89 Prozent der Befragten an, nach Corona über genauso viel oder gar über mehr Geld zu verfügen als 2019 – wohl unter anderem, weil sie aufs Reisen verzichten mussten. Das würden sie jetzt wohl bald wieder tun. Ihre Gruppe stellt zwar nur 40 bis 45 Prozent aller Reisenden, steht aber für 62 Prozent des Umsatzvolumens.
Ryanair-CEO Eddie Wilson räumte ein, dass für einzelne Routen staatlich geförderte Flüge sinnvoll sein könnten. Aber Steuerzahlergeld für Anbieter von Zielen in Spanien, Portugal oder Griechenland auszugeben, wo ohnehin freier Wettbewerb herrsche, ergebe keinen Sinn. So wie es jetzt laufe, subventioniere letztlich der Steuerzahler Urlaubsreisen in die Dominikanische Republik. Die staatlichen Milliarden seien besser in Impfstoffe und das Gesundheitssystem allgemein investiert.
Wilson bekräftigte, sein Unternehmen setze weiter auf Wachstum. Er glaube, dass die Airlines am Ende Gewinner der Krise sein können. Auch Ryanair werde künftig weiter wachsen wollen. Mit den neuen Boeing 737 Max-Flugzeugen, die er im Sommer erwarte, reduziere sich der ökologische Fußabdruck des Unternehmens weiter, denn sie könnten mehr Passagiere mit weniger Spritverbrauch befördern.
Delta-Chef Ed Bastian dagegen sah die Airline-Industrie in den Vereinigten Staaten nicht nur als systemrelevant an, sondern reihte sie unter die Hilfstruppen bei der Bekämpfung der Pandemie ein. Ohne Unternehmen wie Delta hätten viele Elemente der zur Bekämpfung notwendigen Infrastruktur nicht funktioniert. Schon deshalb seien die Staatshilfen gerechtfertigt gewesen.
Delta- und Ryanair-Chefs eint der Glaube an eine baldige Erholung
Ebenso wie Wilson äußerte Bastian die Gewissheit, dass sich der Reiseverkehr bald erhole. Für Delta-Inlandsflüge beginne das schon in den nächsten Wochen mit zunehmender Impfquote. Im Rest der Welt „sind wir sohl noch ein Jahr davon entfernt“. Ganz wichtig sei es jetzt, dafür zu sorgen, dass einheitliche Regeln in Sachen Impfen und Testen für den Flugverkehr weltweit eingeführt würden.
Optimistisch über eine baldige Erholung der Fluggastzahlen weltweit äußerte sich auch der Präsident von Emirates, Sir Tim Clark. Er gab sich zuversichtlich, dass sich die Verkehrszahlen mit zunehmender Verfügbarkeit von Impfstoffen bis Mitte 2022 wieder erholen werden. "Ich bleibe bullish", sagte Clark. Als erste Gäste sehe er diejenigen, die vornehmlich hochpreisige Urlaube buchten. Dort spüre sein Unternehmen bereits jetzt eine enorme Nachfrage. "Jeder will nach all diesen Monaten wieder raus."
Erholung des Business-Verkehrs bleibt abzuwarten
Dagegen wagte der Emirates-CEO keine Prognose hinsichtlich des Business-Verkehrs. Da bleibe abzuwarten, wie Unternehmen künftig ihre Dienstreisen und Meetings-Politik ausrichteten. Aber wohl auch noch 2023 werde es weniger Passagierkapazität in den internationalen Flugplänen geben. Der Emirates-Chef warnte Regierungen davor, im Nachgang zu den derzeitigen Shutdowns strategisch auf eine bleibende Reduzierung des Flugverkehrs hinzuwirken. Das werde erhebliche Folgen für die globale Ökonomie haben.
Clark sagte, die Pandemie habe das Thema Nachhaltigkeit keinesfalls von der Agenda verdrängt. Er glaube, dass da jetzt "viel mehr Dampf dahinter ist" und entschuldigte sich im selben Atemzug für das wenig nachhaltige Bild. Als Beispiel nannte er das Bestreben, an Flughäfen alle Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren vollständig vom Vorfeldbetrieb zu verbannen.
Air France-KLM-Chef Ben Smith war nicht ganz so optimistisch. In Summe dauere es wohl drei bis vier Jahre, bis die Vor-Corona-Zahlen wieder erreicht würden. Er setzte ebenfalls auf Urlauber als erste Gruppe derjenigen, die wieder in die Jets steigen werden. "Viele, die Weihnachten oder Ostern ihre Verwandten nicht besuchen konnten, werden das so schnell wie möglich nachholen." Er selbst habe Sehnsucht nach seinen Verwandten in Australien und werde "sicher im ersten Flugzeug sein, das dort landet, wenn die Grenzen wieder offen sind".