Unfälle und Beinaheunfälle werden in der Luftfahrt akribisch untersucht, um aus den Fehlern zu lernen und so die Fliegerei sicherer zu machen. Das ist die Theorie. In der Praxis funktioniert das aber nicht immer so glatt, wie es sollte. Teil 1 unserer Miniserie "Problematische Flugunfallermittlungen" beschreibt die Probleme am Absturzbericht der Boeing 737 Max von Ethiopian Airlines.
Für die breite Öffentlichkeit war die Sache schon lange klar, als das Aircraft Accident Investigation Bureau der Republik Äthiopien am 23. Dezember vorigen Jahres ihren 331 Seiten starken Abschlussbericht über den Absturz von Ethiopian-Airlines-Flug 302 vorlegte:
Die wahrscheinlichste Ursache für den Absturz der Boeing 737 Max war das von Boeing installierte MCAS-System (Maneuvering Characteristics Augmentation System). Aufgrund fehlerhafter Daten über den Anstellwinkel habe es das Flugzeug mehrfach kopflastig getrimmt. Die Besatzung habe nicht dagegen ansteuern können, sodass das Flugzeug in Bodennähe eine Vertikalgeschwindigkeit von zuletzt 33.000 Fuß pro Minute (168 Meter pro Sekunde) erreicht habe. 157 Menschen waren ums Leben gekommen.
Nur vier Tage später ereignete sich Unerhörtes. Die US-amerikanische Unfalluntersuchungsbehörde NTSB (National Transportation Safety Board) veröffentlichte auf ihrer Website die Kommentare, die sie zur vorläufigen Fassung des Berichts der äthiopischen Behörden abgegeben hatten. Nach den internationalen Standards hätten diese Kommentare Teil des Abschlussberichts sein müssen. Wenige Tage später meldete sich auch die französische BEA (Bureau d’Enquêtes et d’Analyses) mit nicht weniger heftiger Kritik zu Wort.
Weder Amerikaner von Franzosen bestritten die verheerende Rolle des MCAS. Aber den Umstand, dass auch die Crew gravierende Fehler gemacht hatte und am katastrophalen Ausgang nicht unbeteiligt war, hatten die Unfalluntersucher aus Addis Abeba in ihrem Bericht komplett unter den Tisch fallen lassen.
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