Kurz vor Ende der Bieterfrist für die insolvente Alitalia wird Lufthansa in Italien als Favorit für eine Teilübernahme gehandelt.
Eine Delegation aus Deutschland sei in Rom, um Details zu koordinieren, heißt es in der italienischen Wirtschaftszeitung "Milano e Finanza". Es gehe um "operative Synergien" wie etwa die Verknüpfung von Buchungssystemen. Lufthansa habe Interesse an einer größeren Anzahl an Flugzeugen.
Die Alitalia-Insolvenzverwalter hatte die Frist für verbindliche Angebote bereits mehrfach verlängert, zuletzt bis zum 16. Oktober. Man wolle damit den Interessenten eine "vertiefte Prüfung" ermöglichen, hieß es zuletzt.
Alitalia soll in zwei Losen verkauft werden. Das eine beinhaltet den Flugbetrieb einschließlich Flugzeugen und der Wartung. Der andere Teil beinhaltet die Bodenverkehrsdienste. Dabei haben die Verwalter auch Struktur- und Arbeitsplatzgarantien im Blick. Das scheint den Verkauf nicht zu vereinfachen.
Ryanair hat kein Interesse mehr
Mit Ryanair hat sich ein potenter Bieter bereits zurückgezogen. Ryanair hatte im Sommer ein unverbindliches Angebot für den insolventen Konkurrenten gemacht. Auch Easyjet hat nach italienischen Medienberichten das Interesse verloren.
Von anfangs 33 Bietern waren zuletzt nur noch ein knappes Dutzend übrig. Neben der Lufthansa Group, Ryanair und Easyjet wurden die US-Fonds Cerberus Capital und Greybull Capital als Bieter für Teile der insolventen italienischen Airline genannt. Im Rennen ist angeblich auch noch die chinesische Hainan Airlines.
In Deutschland ist Lufthansa aktuell neben Easyjet "bevorzugter Bieter" für eine Teilübernahme der Air Berlin. Genau wie Alitalia ist die deutsche Fluggesellschaft ein Teil der ehemaligen Etihad-Equity-Alliance - und hoch verschuldet.
Vergleich wesentlicher Kennzahlen
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Die Angaben zu Finanzkennzahlen und Verkehrsaufkommen beziehen sich auf das Gesamtjahr 2016. Die Flottengröße basiert auf Daten vom September 2017. | Quelle: Unternehmen, CH Aviation
Doch während kartellrechtliche Probleme die Übernahme wesentlicher Bestandteile der Air Berlin durch Lufthansa in Deutschland verkomplizieren, gibt es in Italien andere Marktvoraussetzungen.
Andere kartellrechtliche Voraussetzungen
Im inneritalienischen Flugverkehr ist Alitalia mit rund 41 Prozent Marktanteil der Platzhirsch. In der Gesamtbetrachtung sieht das allerdings anders aus, denn insgesamt ist der Flagcarrier in Italien nur Nummer zwei mit gerade einmal 20 Prozent Marktanteil. Die Nummer eins mit rund einem Viertel des Angebots ist Ryanair.
Die Lufthansa-Group kommt in Italien aktuell auf gerade einmal vier Prozent. Hinzu kommt gegebenenfalls noch das Angebot der Lufthansa-Partnerairline Air Dolomiti. Die Regionalairline stellt allerdings nicht einmal ein Prozent des Sitzplatzangebots in Italien. Ohnehin ist der italienische Luftverkehrsmarkt auch insgesamt deutlich stärker fragmentiert als der deutsche.
Lufthansa Group | Air Berlin Group | Alitalia | Ryanair | Easyjet | sonstige | |
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Deutschland gesamt | 48.2 | 12 | 0.3 | 6.7 | 2.9 | 29.9 |
Innerdeutsch | 73.4 | 24.4 | 0 | 1.5 | 0 | 0.8 |
Italien gesamt | 4 | 1.2 | 20.39 | 23.9 | 10.3 | 40.2 |
Inneritalienisch | 0 | 0 | 41.4 | 30.5 | 8.2 | 19.9 |
Sitzplatzangebot im September 2017, Quelle: OAG/ch-aviation (Das Gesamt-Sitzplatzangebot in Italien ist zwar um rund ein Drittel kleiner (Sommer), Inneritalienisch werden allerdings sogar etwas mehr Sitzplätze angeboten als innerhalb Deutschlands.)
Damit gibt es für Lufthansa in Italien günstigere kartellrechtliche Voraussetzungen bei einer Alitalia-Übernahme, als bei der Übernahme zu Hause. Hier hat die Lufthansa Group nämlich bereits heute einen Marktanteil von knapp 50 Prozent insgesamt und 73 Prozent innerdeutsch. Auf vielen der meistbeflogenen innerdeutschen Routen droht mit der Übernahme wesentlicher Air-Berlin-Anteile daher ein Lufthansa-Monopol.
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Alitalia steckt seit Jahren in der Krise. Nachdem die Mitarbeiter einen neuen Sparplan im Mai abgelehnt hatten, steht Alitalia seit dem Frühjahr unter staatlicher Sonderverwaltung. Alitalia ist wie die insolvente Air Berlin eine Beteiligung des Golf-Carriers Etihad.