Verdi hat angekündigt, den Tarifvertrag für das Bodenpersonal der Lufthansa zum 30. Juni kündigen zu wollen und dies mit den hohen Energiepreisen und dem allgemeinen Anstieg der Lebenshaltungskosten für die Mitarbeiter begründet.
"Nach zwei Jahren Krisenbeiträgen der Beschäftigten und der anhaltend hohen Inflationsrate ist der Nachholbedarf groß", sagte die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Christine Behle in einer Erklärung.
Lufthansa wollte sich auf Nachfrage nicht zu der Kündigung der Tarifwerke durch die Gewerkschaft äußern.
Der Konzern hatte allein im ersten Quartal einen Verlust von knapp 600 Millionen Euro eingeflogen, will die Corona-Krise aber schnell hinter sich lassen.
Eine genaue Prognose wagte der Vorstand aber nicht – auch wegen der zuletzt extremen Sprünge beim Kerosinpreis. Als weiteren Unsicherheitsfaktor nennt die Geschäftsführung die Reaktion der Konsumenten auf den Ukraine-Krieg und die deutlich gestiegene Inflation.
Experte: Lange Laufzeit nicht zielführend
Beobachter kritisieren das Vorgehen der Verdi aber. Lufthansa fliege weiterhin nicht profitabel, sagt Tarifexperte Eckhard Bergmann gegenüber airliners.de. Die Arbeitgeber allein müssten auch kaum für die politisch bedingten Energiepreiserhöhungen geradestehen; das sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Zielführender wäre laut Bergmann, dass die Gewerkschaft wie in anderen Branchen zunächst eine Einmalzahlung und oder eine kurze Tarifvertragslaufzeit anstrebt, um beiden Seiten in einem Jahr die Gelegenheit zu geben, zu beurteilen, wie nachhaltig die Inflationsrate ausfallen wird.
Die nun durch Verdi gekündigten Tarifverträge regeln die Entgelte des Bodenpersonals der Bereiche Lufthansa AG, Lufthansa Cargo, Lufthansa Technik-IT und LSG. In den kommenden Wochen werden laut Verdi in den Unternehmen des Lufthansa-Konzerns die Forderungen für die anstehende Vergütungstarifrunde diskutiert.
Kabinenmitarbeiter planen Kundgebung
Lufthansa sieht sich aber nicht nur mit neuen Forderungen der Bodenmitarbeiter konfrontiert, auch bei den Lufthansa-Flugbegleitern brodelt es.
Eine Gruppe von Beschäftigten aus der Kabine plant für kommenden Montag eine Kundgebung am Flughafen Frankfurt unter dem Motto "SayNoToArmut - LetsGetLoud". Wie airliners.de erfahren hat, geht ein entsprechender interner Aufruf von Flugbegleitern aus, die noch im sogenannten "Saisonmodell Kabine" arbeiten, kurz SMK.
Dieser Vertrag wurde bereits vor Corona von der Flugbegleitergewerkschaft Ufo gekündigt, wirkt aber noch nach. Die nach diesem Modell beschäftigten Lufthansa-Flugbegleiter fliegen im Sommer mit Überstunden und dafür im Winter weniger. Allerdings erreichen diese Beschäftigten schon lange ihre Stunden im Sommer nicht und verdienen darüber hinaus im Zuge des Corona-Tarifvertrags weniger. Die Kundgebung findet laut der Initiatoren als Veranstaltung ohne gewerkschaftliche Bindung statt.
Zähe Verhandlungen über Corona-Tarifverträge
Die Verhandlungen zwischen Lufthansa und den Mitarbeitervertretern von Flugbegleitern, Bodenpersonal und Piloten über einen Corona-Krisentarifvertrag waren sehr zäh. Zunächst hatte es im November 2020 eine Einigung mit den Flugbegleitern gegeben, gefolgt von den Bodenmitarbeitern im November 2020.
Mit den Piloten gibt es noch immer keinen neuen Tarifvertrag, sondern nur eine Teileinigung, die im Februar diesen Jahres verkündet wurde. Hier prüft Lufthansa nun die Gründung einer neuen Gesellschaft für Zubringerflüge.