Die Lufthansa ist nach monatelangen Verhandlungen bei der Teilübernahme der italienischen staatlichen Airline Ita Airways am Ziel.
Eine Vereinbarung über den Kauf eines Minderheitsanteils sei bei einem Treffen von Lufthansa-Konzernchef Carsten Spohr mit Wirtschafts- und Finanzminister Giancarlo Giorgetti geschlossen worden, teilten die Lufthansa und die italienische Regierung am Donnerstag in Rom mit.
Lufthansa-Chef Spohr sprach von einer "Win-Win-Situation" für Italien, Ita und die Lufthansa.
Man habe eine Einigung mit dem italienischen Wirtschafts- und Finanzministerium über den Erwerb einer Beteiligung von 41 Prozent an Ita Airways erzielt. Die vertragliche Finalisierung der Einigung steht aber noch aus und soll in Kürze abgeschlossen werden, so Lufthansa.
Nach Informationen der Lufthansa wird Italien den Minderheitsanteil für 325 Millionen Euro in Form einer Kapitalerhöhung abtreten – mehr als die zuvor genannten 300 Millionen. Alleiniger Eigentümer der defizitären Ita ist bislang der italienische Staat. Der verpflichtet sich nun, weitere 250 Millionen Euro in das Unternehmen einzubringen.
Die Transaktion steht unter dem Vorbehalt verschiedener nationaler und europäischer kartellrechtlicher Prüfungen.
Berichten zufolge sollen weitere 500 Millionen Euro nach der geplanten Ita-Rückkehr in die Gewinnzone für weitere 50 bis 55 Prozent der Anteile fließen. Der italienische Staat bliebe somit - anders als zunächst von Lufthansa geplant - vorerst an Bord.
Im vergangenen Jahr hat die Ita bei einem Umsatz von knapp 1,6 Milliarden Euro unterm Strich einen Verlust von 486 Millionen Euro eingeflogen. Als Grund für die roten Zahlen nannte das Unternehmen Ende März die Nachwehen der Corona-Pandemie, die gestiegenen Treibstoffkosten infolge des Ukraine-Kriegs sowie den schlechten Euro-Dollar-Kurs.
Lange Verhandlungen
Die seit Januar laufenden Verhandlungen zwischen Lufthansa und Ita Airways waren auch nach Ablauf einer zweiten Frist zum Mitte Mai nicht abgeschlossen worden. Die Gespräche gingen aber hinter verschlossenen Türen weiter.
Die 2020 gegründete Italia Trasporto Aereo (Ita) hatte im Oktober 2021 den Flugbetrieb der insolventen Vorgängerin Alitalia übernommen, ist allerdings nicht deren Rechtsnachfolgerin. Start- und Landerechte wie auch die Marke Alitalia hat sich die Ita allerdings gesichert. Der legendäre Name könnte unter dem neuen Konzerndach möglicherweise schon bald wieder reaktiviert werden.
Laut Lufthansa wird der deutsche Konzern den CEO und ein weiteres von insgesamt fünf Verwaltungsratsmitgliedern stellen. Als neuer Ita-Chef ist Lufthansa-Strategiechef Jörg Eberhart im Gespräch, der bereits die in Norditalien aktive Regionaltochter Air Dolomiti geleitet hat.
Größter Wachstumsschritt seit Brussels-Übernahme
Die Lufthansa verspricht sich von dem Kauf den nächsten großen Wachstumsschritt nach der 2017 abgeschlossenen Übernahme von Brussels Airlines. Ita Airways wäre in der Lufthansa-Gruppe, zu der neben der Hauptmarke Lufthansa auch Eurowings, die österreichische Austrian Airlines und Swiss aus der Schweiz gehören, der zwölfte Flugbetrieb.
Nach der Corona-Krise versuchen die drei großen Luftfahrtkonzerne Europas, Lufthansa, die British-Airways-Mutter IAG und Air France-KLM, ihre Marktanteile durch Übernahmen zu vergrößern. Auf der europäischen Kurz- und Mittelstrecke will der Billigflieger Ryanair seine Dominanz noch ausbauen. Übernahmekandidaten sind auch die portugiesische Airline Tap, an der auch die Lufthansa Interesse bekundete, sowie die skandinavische SAS.
Italien ist als drittgrößter Luftfahrtmarkt in Europa mit vielen Touristen und Geschäftsreisenden attraktiv. Das Ita-Drehkreuz Rom-Fiumicino soll vor allem bei Langstreckenflügen gestärkt werden und das Lufthansa-Netz erweitern. Der nach Umsatz größte europäische Luftfahrt-Konzern bündelt bereits an fünf Knotenpunkten - Frankfurt, München, Zürich, Wien und Brüssel - Fluggäste für Langstreckenziele.
Lufthansa-Chef Spohr will das Fluggeschäft weiter internationalisieren. Mit Ita könnte das im Vergleich zu den anderen beiden Netzwerk-Airlines IAG und Air France-KLM geringe Angebot an Flügen nach Afrika und Südamerika ausgebaut werden. Das ist um so dringender, da in dem für die Lufthansa wichtigen Asien-Geschäft die Konkurrenz durch Airlines der Golf-Staaten und von Turkish Airlines wächst.
Nach dem jetzt vereinbarten Geschäftsplan soll die Flotte der Airline von derzeit 71 auf 94 Flugzeuge wachsen. Die Zahl der Beschäftigten klettert schon in diesem Jahr dank vieler Neueinstellungen auf 4300 und soll bis 2027 auf 5500 wachsen, der Umsatz zugleich um vier Milliarden Euro steigen.