Das erste völlig neu konstruierte Passagierflugzeug in dieser Klasse seit Jahrzehnten wird am morgigen Freitag, 15. Juli, erstmals im Liniendienst eingesetzt. Die kanadische Bombardier CS100 kommt dann auf Swiss-Flug LX638 von Zürich nach Paris-CDG zum Einsatz. Swiss hat seit Jahresbeginn eine große Flottenerneuerung gestartet, als die Boeing 777-300ER ebenfalls neu zur Flotte stieß.
Peter Koch (49) ist bei Swiss der Chefpilot für die CSeries und bereitet seit Jahren die Einführung mit vor. Er ist in seiner Karriere auf sieben anderen Verkehrsflugzeugen von der Saab 340 bis zur A330 im Cockpit geflogen. Andreas Spaeth traf ihn bei der Vorstellung der CSeries in Zürich und befragte ihn auch zur internen Konkurrenz zwischen Boeing 777- und CSeries-Crews.
Herr Koch, warum ist die CSeries das neue Flaggschiff der Swiss-Flotte und nicht die 777?
Peter Koch: Das sieht natürlich jeder der Chefpiloten anders, aber für mich ist das ganz klar die CSeries, das ist schließlich eine Weltpremiere. Wobei natürlich auch die 777 für uns eine wichtige Premiere war. Wir nehmen das aber sportlich, der 777-Flottenchef hat den großen Schraubenschlüssel, den Flagship-Schraubenschlüssel, ich bekomme einen etwas kleineren.
Wie fühlt es sich an, die CSeries zu fliegen?
Koch: Man fühlt sich im Cockpit sofort zu Hause und findet alle Hebel und Schalter dort, wo man sie erwartet. Es ist sehr ergonomisch gestaltet, man sieht, dass Bombardier die Möglichkeit hatte, das Cockpit von Grund auf neu zu gestalten. Von der Bedienbarkeit ist das Flugzeug sehr direkt, wunderschön zu fliegen, und man merkt, ich fliege das Flugzeug als Pilot direkt. Die Computer sind in der Philosophie von Bombardier darum herum gebaut, die halten mich in einer sicheren Zone, aber ich habe direkten Einfluss auf das Flugzeug.
Merkt man denn beim Fliegen, im Vergleich zu anderen Mustern, dass die CSeries keine Weiterentwicklung ist, sondern völlig neu entwickelt?
Koch: Das sieht man ganz klar. Von der Ergonomie angefangen bis hin zum doppelten Head-Up-Display, was auch sehr modern ist, und das wir ständig benutzen. Auch die Farben und Formen der Knöpfe zeigen, dass hier etwas von Grund auf neu gebaut wurde und man nicht schauen musste: 'Was machen alle unseren anderen Flugzeugtypen?'
Auf welche Flughäfen, die die CSeries anfliegen wird bei Swiss, freuen Sie sich besonders?
Koch: Für uns ist das fliegerische Highlight ganz klar der London City Airport mit seinem sehr steilen Anflug, der ist mit dem Head-Up-Display jetzt sehr schön zu fliegen, und natürlich Florenz. Und ich freue mich auch auf die eine oder andere exotische Destination, die dafür nötige Reichweite haben wir mit fast 6000 Kilometern ja.

Bombardier CSeries in Swiss-Farben. Foto: © Swiss
Waren Sie schon mal auf einem Testflug mit der CSeries in London City oder anderen schwierig anzufliegenden Flughäfen?
Koch: Nein, dafür ist das Flugzeug noch nicht zertifiziert, es fehlt auch noch die nötige Avionik. Die Zertifizierungsphase für den Steilanflug läuft im Moment, das sollte bis Herbst abgeschlossen sein, dann erst werden wir es auch im Simulator trainieren können. Linienflüge zum London City Airport sind dann für das erste Quartal 2017 geplant. Florenz, mit seiner kurzen, von Bergen umgebenen Piste, planen wir schon im Herbst anzufliegen. Da landen wir meistens mit Rückenwind, das ist sehr speziell dort. Lugano dagegen ist sicher erst in etwa zehn Jahren auf dem Radar für die CSeries, kurz vor meiner Pensionierung. Technisch könnten wir es jetzt schon fliegen, aber wir müssen den Anflug verlässlich gestalten, damit wir mit der CSeries eine verlässliche Operation bieten können.
Könnte nicht die CSeries aus London City heraus sogar nonstop über den Atlantik fliegen?
Koch: Nicht in der Swiss-Version, aber die CSeries kann generell ETOPS-zertifiziert werden und tatsächlich von London City an die Ostküste von Amerika fliegen, allerdings nur in einer reinen Business-Class-Kabine mit weniger Sitzen als Swiss in der CSeries fliegt. Das kann das Flugzeug absolut schaffen, die Kollegen von Bombardier haben das bereits mehrfach bewiesen. Die sind mit dem Testflugzeug auch von Zürich und Berlin nonstop nach Montréal geflogen, allerdings ohne Passagiere.
Was bedeutet es für einen Piloten, Teil einer Weltpremiere zu sein?
Koch: Also die Landung, die ich hier am 1. Juli nach dem Überführungsflug der ersten Maschine aus Montréal gemacht habe, war der Höhepunkt meiner Pilotenkarriere. Die Möglichkeit, ein neues Flugzeug nicht nur einzuführen, sondern als Programm-Manager auch noch mitzugestalten, und zu sehen, wie begeistert das Flugzeug nachher aufgenommen wird, wie begeistert die Gäste an Bord sind, das ist klar ein Höhepunkt der Pilotenkarriere.