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Glück im Unglück in Nowosibirsk: Bei der Notlandung eines russischen Passagierflugzeugs mit 170 Insassen auf einem Feld in Sibirien sind nach Behördenangaben vier Menschen leicht verletzt worden.
Der aus der Schwarzmeerstadt Sotschi kommende Airbus A320 der russischen Fluggesellschaft Ural Airlines ist auf einem Feld notgelandet, teilten die russischen Behörden mit.
Wie die staatliche Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf regionale Gesundheitsbehörden berichtete, erlitten zwei Passagiere Prellungen, zwei weitere konnten demnach ambulant behandelt werden.
Zunächst war von einem nicht näher beschriebenen technischen Problem die Rede gewesen. Später erklärte der Generaldirektor der Fluggesellschaft, Sergej Skuratow, dass eines der Hydrauliksystem des Flugzeugs nicht mehr funktioniert habe.
Wie bei Aviation Herald nachzulesen ist, meldete die Airline einen Ausfall des "grünen Hydrauliksystems" beim Anflug auf Omsk. Die Crew beschloss, auf einen Flugplatz mit längeren Bahn auszuweichen, da der Ausfall des Hydrauliksystems den Betrieb von Spoilern und Klappen beeinträchtigt. Die Landebahn in Novosibirsk ist 3600 Meter lang und damit über 1000 Meter länger als in Omsk.
Das Fahrwerk bleibt bei dem genannten Systemausfall allerdings offen und kann auch nicht eingefahren werden. Das erhöht den Treibstoffverbrauch deutlich. Auf halber Strecke nach Nowosibirsk hat die Crew dann feststellen müssen, dass nicht mehr ausreichend Treibstoff an Bord ist.
Nach Angaben der russischen Luftfahrtbehörde landete die Maschine um 04:44 Uhr Ortszeit dann "außerplanmäßig" auf einer Grasfläche in der Nähe des Dorfes Kamenka in der Region Nowosibirsk.
Alle Flugzeuginsassen, darunter 23 Kinder, wurden im nächstgelegenen Dorf untergebracht. Von Rettungskräften des Katastrophenschutzministeriums veröffentlichte Aufnahmen zeigten das offenbar auf einem Feld gelandete Flugzeug mit ausgefahrenen Notrutschen.
Ural Airlines Airbus A320 auf Feld bei Omsk notgelandet. © DPA / Uncredited/Russian Emergency Ministry Press Service/AP/dpa
Jetzt soll ermittelt werden
Inwiefern die Notlandung auf einem Feld zwingend notwendig war, gilt es nun herauszufinden. Sicherlich kann man an dieser Stelle bereits viel spekulieren. War ausreichend Treibstoff an Bord? War es ein Fehler, unter diesen Umständen zu einem weit entfernten Flughafen auszuweichen? Hier werden Erinnerungen an den Hapag-Lloyd-Segelanflug in Wien wach.
Am 12. Juli 2000 ereignete sich auf dem Wiener Flughafen Schwechat eine Beinahe-Katastrophe mit dem Hapag-Lloyd-Airbus A310-304, Kennzeichen D-AHLB. Das Flugzeug war an diesem Tag auf dem Weg von Chania auf der griechischen Insel Kreta nach Hannover gewesen, an Bord insgesamt 150 Menschen. Nach dem Start ließ sich das rechte Hauptfahrwerk nicht einfahren, was zu erhöhtem Luftwiderstand im Flug und etwa 50 Prozent höherem Spritverbrauch führte. Hauptursache war die Fehleinschätzung des Kapitäns zum Treibstoffverbrauch und seine zu späte Entscheidung für eine Notlandung. @ Hapag-Lloyd Flug
Dass alles letztlich noch so verhältnismäßig geordnet ablief, ist sicherlich der Ural-Airlines-Crew zu gute zu halten. Es ist durchaus eine Meisterleistung, wenn eine Crew ein Flugzeug unter diesen Umständen sicher auf einem Feld landen kann. Doch hier wirft sich die Frage auf, inwiefern diese überhaupt notwendig war.
Nach Angaben des russischen Ermittlungskomitees wurde eine Untersuchung wegen "Verletzung der Sicherheitsvorschriften für den Luftverkehr" eingeleitet. Die Ursachen und Umstände des Vorfalls würden derzeit "ermittelt", hieß es.
Warum kam keine Landung auf einem Flughafen in Frage? Welchen Fehler gab es genau? Das alles sind Fragen, auf die es aktuell keine Antworten gibt, die aber wohl bei einer Flugunfalluntersuchung geklärt werden sollen.
Wie sicher ist die russische Luftfahrt?
Man wird sehen, ob dabei dann auch geklärt wird, inwiefern der Vorfall etwas mit dem Mangel an Ersatzteilen zu tun hat, mit dem die russischen Betreiber im Zuge der westlichen Sanktionen wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine zu kämpfen haben.
Wegen der gegen Russland verhängten westlichen Sanktionen hat das Land Probleme mit der Wartung von Flugzeugen westlicher Bauart.
Auch der Zugang zu Ersatzteilen für die von russischen Fluggesellschaften betrieben Airbus- und Boeing-Flugzeuge ist wegen des Ukraine-Kriegs beschränkt.
Während in der Anfangszeit der Sanktionen noch andere Flugzeuge als Ersatzteilenotlager herhalten mussten, sind auch diese mittlerweile wieder zurück im Flugbetrieb.
Dennoch schafft es Russland irgendwie, die entsprechenden Flugzeuge in der Luft zu halten und genügend Ersatzteile zu beschaffen - egal, ob nun über Zwischenhändler oder dem Schwarzmarkt.
Zuletzt wuchsen dennoch Befürchtungen hinsichtlich der Flugsicherheit. Meldungen, dass Aeroflot-Flugzeuge nun ohne Bremsen auskommen müssten, machten schnell die Runde in den Medien. Was dabei nicht berichtet wurde: Es gibt entsprechende Verfahren und Vorgaben bei deaktivierten Bremsen.
Ein Flugzeug verfügt dabei ohnehin über mehrere Ausführungen, sodass eine Minimum Equipment List (MEL) genau vorgibt, unter welchen Umständen ein Flugzeug noch (mit deaktivierten Bremsen) weiterfliegen darf.