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Humor oder Drohung?
Die Erwartungen waren groß, jetzt ist die Enttäuschung umso größer: Auf der Dubai Air Show hat die neue Nationalairline Saudi Arabiens doch keine neue Großbestellung verkündet.
Stattdessen präsentiert Riyadh Air eine zweite Lackierung und eine Werbekampagne... Unter dem Motto "Think Twice" will die Airline ihre Ambitionen schon vor dem Start versinnbildlichen:
"If you think that the spirit of Riyadh can’t travel the world, think twice", heißt es da.
Frei übersetzt: Wer bisher geglaubt hat, dass der "Geist von Riad" nicht in die ganze Welt kommen könne, der sollte diese Annahmen besser nochmal überdenken.
Bin ich der einzige, auf den das eher oberlehrerhaft wirkt? Soll das ernsthaft einladend klingen?
Sollten Touristen mit Riyadh Air nicht nach Riad fliegen, um den "Geist" (was immer das ist) vor Ort zu besuchen? Oder ist es sogar eine Warnung – wenn nicht eine Drohung? Und wenn ja, gegen wen? Emirates? Westliche Airlines?
Man versteht es nicht. Vielleicht liegt es aber auch einfach nur am britischen Humor von CEO Tony Douglas.
Humor ist, wenn man trotzdem lacht
Emirates hat sich dagegen eher am Aufbau eines klassischen Dramas orientiert, als sie ihr Drehbuch für die diesjährigen Dubai Air Show geschrieben hat:
Am ersten Tag eine Boeing-Großbestellung, am letzten eine deutlich kleinere bei Airbus und zwischendurch über die Rolls-Royce-Triebwerke am A350-1000 meckern.
Und was soll man sagen, die Geschichte hat alle Zuschauer fasziniert: Die Aufregung um die 777X-Großbestellung war groß, die Watschen für das Airbus-Gegenprodukt noch größer und zu guter Letzt kam dann doch noch eine Order für den Airbus A350, allerdings eine Nummer kleiner.
Liebhaber des klassischen Theaters erwarten jetzt zur Auslösung des Konflikts wohlmöglich noch eine Erklärung. Doch die bleibt beim "Drama von Dubai" im Verborgenen.
Ich spekuliere mal, was sich der Autor dabei gedacht hat: War es vielleicht die Retourkutsche für die Airbus-Abfuhr zum A380 Neo? Denn der Airbus-Doppeldecker ist und bleibt die wahre Emirates-Liebe…
Doch genau wie Emirates sollten wir nicht in die Vergangenheit blicken.
Gedächtnisstörung mit 20?
Ich bin ohnehin kein großer Fan von historischen Abhandlungen. Oft ist zu luftfahrtgeschichtlichen Themen einfach alles schon erzählt worden – und zwar mehrfach und immer wieder. Das langweilt mich.
Umso erfrischender finde ich es, wenn Historisches mal ganz neu aufgeschrieben wird. So geschehen jetzt zum 20. Jubiläum von Etihad. Unter dem Titel "20 Years of Excellence" hat die Airline eine wirklich tolle Chronologie ihrer noch jungen Geschichte veröffentlicht.
Etihad-Chronologie zum 20. Jubiläum: Air Berlin wurde einfach vergessen... © Etihad
So wurde 2011 der Chronologie zufolge ein Fußballstadion in Manchester in "Etihad Stadium" umbenannt, der erste Boeing-777-Frachter bei Etihad eingeflottet und das erste Stopover-Programm in Abu Dhabi eingeführt.
Nur Erbsenzähler werden in der Auflistung den Etihad-Einstieg bei Air Berlin vermissen. Dass auch alle anderen "Etihad Equity Alliance"-Glanzleistungen in der 20-Jahre-Chronologie fehlen, ist nichts als folgerichtig.
So ist das eben, wenn man Geschichte neu interpretiert – oder mit 20 Jahren schon an Gedächtnisverlust leidet.