Um den Fluglärm an Flughäfen zu reduzieren, gibt es zahlreiche Möglichkeiten, darunter auch ökonomische Anreize. Besonders Deutschland gilt als einer der Vorreiter in den Bemühungen, den durch an- und abfliegende Flugzeuge verursachten Lärm zu reduzieren. Dafür ist die Kartierung des Lärms einer der ersten Schritte, wie Dr. Emir Ganić und Dr. Bojana Mirkovic aufzeigen. In der siebenteiligen airliners.de-Serie "Fluglärm" geht es um den aktuellen Stand und die Zukunftsaspekte beim Fluglärm.
Jeder, der schon einmal ein Flugzeug über sich hinwegfliegen gesehen hat, empfindet das leise Brummen seiner Triebwerke wohl nicht nur als beeindruckend, sondern auch als hypnotisierend. Für diejenigen, die in der Nähe eines Flughafens wohnen, kann dieses Geräusch jedoch zur Belastung werden.
Um dieses Problem zu behandeln, wird immer häufiger die Lärmkartierung von Flughäfen eingesetzt. Mit ihrer Hilfe wird der vom Flugbetrieb ausgehende Lärm geschätzt, um mögliche Auswirkungen auf die umliegenden Gemeinden zu bewerten. Die Genauigkeit dieser Kartierung hängt stark von der Art und Qualität der für das Modell verwendeten Eingabedaten ab.
In diesem Artikel erklärt airliners.de die verschiedenen Eingabedaten, die für die Kartierung von Fluglärm erforderlich sind, und wie sich diese auf die Genauigkeit der Ergebnisse auswirken. Wir geben einen Überblick, welche Art von Daten wichtig ist und was Daten uns über die Lärmbelastung an Flughäfen auf der ganzen Welt sagen können.
Fluglärm kann sich in Form von erhöhtem Stresspegel, Schlafstörungen und anderen Gesundheitsproblemen negativ auf die umliegenden Gemeinden auswirken. Um diesen Einfluss abzumildern, führen Flughafenbetreiber und Luftfahrtbehörden häufig Lärmschutzmaßnahmen ein, zum Beispiel Änderungen der Flugrouten, Ausgangssperren, bevorzugte Nutzung von Start- und Landebahnen und so weiter.
Karten zur Lärmbelastung durch Flugzeuge zeigen die voraussichtlichen Schallpegel von Flugzeugen an bestimmten Orten in der Nähe eines Flughafens. Anhand dieser Karten können Sie feststellen, wie stark Sie Fluglärm ausgesetzt sind, wenn Sie in der Nähe eines Flughafens wohnen oder arbeiten.
Die Verordnung hinter der Lärmkartierung für Flughäfen
Die Richtlinie 2002/49/EC – allgemein bekannt als Umgebungslärmrichtlinie (END) – wurde verabschiedet, um ein gemeinsames Konzept zur Vermeidung, Minimierung oder Verringerung der schädlichen Auswirkungen durch Umgebungslärm zu schaffen. Zu diesem Zweck müssen die Mitgliedstaaten strategische Lärmkarten erstellen, welche die harmonisierten Lärmindizes "Lden" und "Lnight" verwenden, um das Ausmaß der Belastung für die Bevölkerung und der Gebäude zu berechnen.
Darüber hinaus wurden gemeinsame Lärmbewertungsmethoden (Cnossos-EU) für die Bestimmung der Lärmindizes "Lden" und "Lnight" durch die EU-Richtlinie (EU) 2015/996 mit der Überarbeitung von Anhang II der END im Jahr 2015 angenommen.
Cnossos-EU wurde entwickelt, um die Konsistenz und Vergleichbarkeit von Lärmbewertungsergebnissen in den EU-Mitgliedstaaten zu verbessern und einen harmonisierten Rahmen für die Bewertung jeder von der END abgedeckten Lärmquelle zu schaffen.
Um die zu erwartenden Belästigungen und schädlichen Auswirkungen von Fluglärm auf die Bevölkerung zu bewerten, wird eine Dosis-Wirkungs-Kurve verwendet, die das Verhältnis zwischen Belästigung und "Lden" sowie das Verhältnis zwischen Schlafstörungen und "Lnight" für Fluglärm darstellt.
Im März 2020 wurden die neuen Bewertungsmethoden für schädliche Auswirkungen durch die Richtlinie (EU) 2020/367 der Kommission zur Änderung von Anhang III der Richtlinie 2002/49/EG eingeführt. Die Zahl der belästigten und schlafgestörten Personen in ganz Europa wird anhand dieser Karten und Daten geschätzt.
Für Großflughäfen (Flughäfen mit mehr als 50.000 Flugbewegungen pro Jahr) und Flughäfen (Großflughäfen und Nicht-Großflughäfen), die Ballungsräume mit mehr als 100.000 Einwohnern betreffen, sind die Mitgliedstaaten gemäß der END-Richtlinie verpflichtet, alle fünf Jahre strategische Lärmkarten und Lärmaktionspläne zu erstellen und zu veröffentlichen.
Welche Eingangsdaten werden für die Lärmkartierung benötigt?
Für die Lärmkartierung von Flughäfen werden verschiedene Arten von Daten benötigt. Zunächst müssen die Daten über den Flughafen selbst, einschließlich seiner Referenzposition (Breitengrad, Längengrad und Höhe des Flugplatzreferenzpunkts, ARP) bereitgestellt werden. Dazu kommen die Daten des Start- und Landebahnlayouts und der durchschnittlichen jährlichen atmosphärischen Bedingungen (Temperatur, Druck, relative Luftfeuchtigkeit und Gegenwind am ARP), die für den Abflug und die Ankunft von Flugzeugen gelten.
Jede Start- und Landebahn ist physisch durch die 3D-Koordinaten ihres Beginns und Endes in der Richtung ihrer Nutzung sowie durch drei Parameter definiert, die die Abflug- und Ankunftsphasen spezifizieren: die verlagerte Startschwelle, der Abstand der verlagerten Landeschwelle vom Beginn der Start- und Landebahn und die Höhe des Flugzeugs, wenn es die Landeschwelle überfliegt (die Überflughöhe).
Diese Daten können von der Website des Flughafens oder aus dem Luftfahrthandbuch (Aeronautical Information Publication, AIP) entnommen werden. Wetterdaten, die erforderlich sind, um die atmosphärischen Bedingungen zu berücksichtigen, sind beim nationalen Wetterdienst erhältlich.
Für die Erstellung einer Flughafenlärmkarte werden außerdem Daten über Flugrouten und Flugbetrieb benötigt. Flugrouten können auf drei verschiedene Arten modelliert werden. Am einfachsten ist es, sie als 2D-Tracks darzustellen, indem man die Längsflugbahn für den Flughafenbetrieb mit geordneten und georeferenzierten Punkten zum/vom/um den Flughafen definiert. Für die vertikale Komponente des Flugwegs werden in jeder Lärmmodellierungssoftware verschiedene Standardprofile angeboten.
Die zweite Option ist die Modellierung von Flugwegen als Vektorbahnen, die als Längsflugbahn für den Flughafenbetrieb mit geordneten Segmenten (Geraden und Kurven) zum/vom Flughafen definiert sind. Gerade Segmente werden durch die geflogene Entfernung definiert, während Links- oder Rechtskurvensegmente durch Kurvenwinkel und Kurvenradius beschrieben werden. Eine höhere Modellierungsgenauigkeit kann durch die Definition von "Backbone-Tracks" und "Sub-Tracks" erreicht werden, die automatisch für Vektorbahnen oder manuell für 2D-Tracks berechnet werden können.
Der detaillierteste Ansatz zur Modellierung von Flugwegen ist die Verwendung von 4D-Trajektorien. Diese Eingabedateien sind für das direkte Hochladen von Flugbahnen (Breitengrad, Längengrad, Höhe, Datum und Uhrzeit) mit zusätzlichen Leistungsparametern wie Fluggeschwindigkeit, Leistungseinstellung, Steig-/Sinkrate, Flugzeuggewicht, Klappenkonfiguration und so weiter ausgelegt.
Diese Daten können aus verschiedenen Quellen stammen, zum Beispiel aus Flugdatenaufzeichnungen, Cockpit-, Echtzeit- oder Fast-Time-Simulationsdaten sowie aus Aufzeichnungen der Flugverkehrskontrolle, Flugverfolgungswebseiten, ADS-B-Daten oder dem Luftfahrthandbuch (AIP).
Die Daten über den Flugbetrieb könnten von der Airport Operational Data Base (AODB) oder der Flugsicherung bereitgestellt werden und umfassen Informationen über den Start- und Zielflughafen, den Flugzeugtyp, die tatsächliche Start- und Ankunftszeit und das Datum, die benutzte Start- und Landebahn, die Art des Betriebs (Start, Landung, "touch and go" oder eine Rundflugbewegung) sowie die Zuordnung des Betriebs zu den Start- und Landebahnen. Für Flugbewegungen, welche die gleichen Merkmale aufweisen, sollte die Anzahl der Bewegungen nach Tageszeit (Tag, Abend und Nacht) angegeben werden.
Darüber hinaus erfordert die Berechnung der Flugbahn und der Leistung der Flugzeuge eine Annahme über das Gewicht der Maschinen, die auf dem Konzept des Verhältnisses zwischen Gewicht und Streckenlänge beruht. Daher verwendet die Lärmmodellierungssoftware die Entfernung zwischen Abflug- und Ankunftsflughafen, um einen Wert für die Flugstrecke beziehungsweise -länge zu ermitteln, der dann zur Auswahl eines entsprechenden Standardgewichts des Flugzeugs aus der ANP-Datenbank (Aircraft Noise and Performance) verwendet wird.
Schließlich werden Daten über die Umgebung, einschließlich Topographie, Landnutzung, Gebäude und Bevölkerungsdichte, benötigt. Das digitale Geländemodell (DTM) beschreibt die Höhenlage des Geländes über das gesamte Gebiet, für das die Karten erstellt werden.
Je höher die Auflösung des Ausgangsdatensatzes ist, desto besser ist im Allgemeinen die Qualität des resultierenden Geländemodells. Bei der Anfertigung eines 3D-Geländemodells, das für die Erstellung von Lärmkarten geeignet ist, sollte bedacht werden, wie die Lärmberechnungssoftware die Daten während des Berechnungsprozesses verwendet. Es gibt viele verschiedene Quellen für DGM-Daten. Eine davon sind die digitalen Höhendaten der Shuttle Radar Topography Mission (SRTM), die von der Nasa erstellt werden und auf der USGS Earth Explorer Website öffentlich zugänglich sind.
Flächennutzungs- und Gebäudedaten sind erforderlich, um besonders lärmempfindliche Gebiete zu ermitteln. Auf der Grundlage der Umgebungslärmrichtlinie und der einschlägigen Vorschriften muss die Anzahl der Menschen, Wohnungen, Schulen und Krankenhäuser in einem bestimmten Gebiet, das bestimmten Werten eines Lärmindikators unterliegt, geschätzt werden.
Bei der Zuordnung von Wohnungen und Personen anhand statistischer Daten aus der Volkszählung muss sichergestellt sein, dass sie nur Wohngebäuden zugeordnet werden. Daher ist es unerlässlich, den Verwendungszweck jedes Gebäudepolygons im Modellgebiet zu ermitteln, wobei mindestens die folgenden Klassen des Verwendungszwecks der Gebäude anzugeben sind: Wohnen, Krankenhaus, Schule, Gewerbe/Industrie/Sonstiges. Diese Daten können bei den örtlichen Planungsbehörden eingeholt werden.
Abgesehen von den nationalen Volkszählungsdaten sind auf globaler Ebene Daten über die Bevölkerung über den Global Human Settlement Layer (GHSL) auf der Website der Europäischen Kommission, Joint Research Centre (JRC), öffentlich zugänglich.
Probleme bei Datenquellen
Für die Erstellung einer strategischen Lärmkarte ist eine Genauigkeit von plus/minus zwei Dezibel erforderlich. Daher ist es dringend notwendig, alle Anstrengungen zu unternehmen, um genaue und reale Daten über Lärmquellen zu erhalten. Wenn jedoch Daten geschätzt werden müssen, weil genaue, reale Daten nicht erhältlich sind, können verschiedene Methoden und Lösungen angewendet werden. Einige davon, die sich auf Flugzeugtypen, Gebäudehöhen und meteorologische Einflüsse beziehen, werden hier vorgestellt.
Die verfügbaren Datenbanken enthalten Lärmemissionsdaten für die meisten wichtigen Flugzeugtypen. Sie sind jedoch nicht vollständig, sodass die erforderlichen Emissionsdaten möglicherweise nicht für alle modellierten Maschinen verfügbar sind. In diesen Fällen ist es üblich, Flugzeugmuster, für welche die erforderlichen Emissionsdaten verfügbar sind, als Ersatz für unbekannte Flugzeuge zu verwenden. Diese Substitute können auf Zertifizierungsdaten, Konstruktion, Triebwerkstyp, Anzahl der Sitze und so weiter beruhen.
Die Auswirkung dieser Substitute auf die Unsicherheit der Lärmkonturen hängt von dem Beitrag jedes Luftfahrzeugtyps zu den Lärmkonturen und damit von dem Anteil dieser Luftfahrzeuge an der Gesamtzahl der Flugbewegungen ab. Daher ist es ratsam, eine Bewertung vorzunehmen, um den Gesamtbeitrag jedes Flugzeugtyps zu ermitteln, indem der Lärmpegel der einzelnen Maschine in Kombination mit der Anzahl ihrer Bewegungen bestimmt wird.
In der Regel ist es von entscheidender Bedeutung, dass die vorherrschenden Flugzeugtypen korrekt ermittelt oder ihre Substitute sorgfältig ausgewählt werden, während die Gesamtauswirkungen einiger Flugzeugtypen mit einer sehr geringen Anzahl von Flugbewegungen im Rahmen einer durchschnittlichen jährlichen Bewertung sehr gering sein können.
In einigen Fällen können Daten über Gebäudehöhen aus detaillierten Erhebungen oder aus Radar- oder Lidar-Luftbildern oder aus virtuellen Erhebungen über Online-Tools wie Google Streetview, Bing Maps oder Yandex Map Editor verfügbar sein. Liegen keine Daten vor, empfiehlt die Arbeitsgruppe der Europäischen Kommission zur Bewertung der Lärmbelastung (WG-AEN), für alle Gebäude eine Standardgebäudehöhe von acht Metern anzunehmen. Eine Felduntersuchung kann qualitativ bessere Informationen für die Schätzung bei der Modellentwicklung liefern, entweder durch Zählen der Gebäudeetagen für jedes Gebäudepolygon im Modell oder durch visuelle Schätzung der Höhe von Gebäuden in einem kleinen Bereich von Höhenklassen.
Wenn es Budget-, Personal- oder Zeitbeschränkungen gibt, könnte sich der oben genannte Ansatz auf die Gebäude konzentrieren, die näher am Flughafen oder unterhalb der häufigsten Flugrouten innerhalb des Bewertungsgebiets liegen.
Die Schallausbreitung kann durch die sich im Laufe des Tages ändernden meteorologischen Bedingungen erheblich beeinträchtigt werden. Temperaturschwankungen treten häufiger in der Nacht auf, während die Windgeschwindigkeiten tagsüber in der Regel höher sind. Im Allgemeinen besteht eine komplexe Beziehung zwischen der Lärmdämpfung und der Temperatur, der Luftfeuchtigkeit und der Schallfrequenz.
Aufgrund der großen zeitlichen Variabilität der meteorologischen Bedingungen können diese Schwankungen einen erheblichen Einfluss auf die täglichen oder stündlichen Schallpegel haben. Die Schallfrequenz, die Temperatur, die relative Luftfeuchtigkeit und der Luftdruck haben alle einen Einfluss auf die atmosphärische Absorption. Je größer die Entfernung ist, über die sich der Schall ausbreitet, desto größer ist die atmosphärische Absorption, da sie linear mit der Entfernung zunimmt.
Niedrige Werte der Temperatur oder der relativen Luftfeuchtigkeit haben eine sehr geringe Dämpfung zur Folge. Die atmosphärische Absorption variiert stark mit den monatlichen und täglichen Veränderungen der Temperatur und der relativen Luftfeuchtigkeit. Wenn die Temperatur am Nachmittag am höchsten ist, erreicht die relative Luftfeuchtigkeit oft ihr Minimum.
In den Sommermonaten sind die größten täglichen Schwankungen zu verzeichnen. Bei den Vorhersagen werden manchmal Durchschnittswerte für die verschiedenen Feuchtigkeits- und Temperaturbedingungen verwendet, aber zwei unterschiedliche Verteilungen können denselben Durchschnittswert haben, was zu Fehlern führen kann. Daher wird die Verwendung getrennter langfristiger Mittelwerte für verschiedene Perioden eines 24-Stunden-Zeitraums empfohlen, das heißt für Tag/Abend/Nacht.
Hilfreiche, detaillierte Lärmkartierung dank umfassender, genauer Daten
Die Kartierung von Fluglärm ist ein wichtiges Instrument für das Verständnis und die Bewältigung der Auswirkungen von Fluglärm auf das Leben der Menschen. Die für die Lärmkartierung von Flughäfen benötigten Daten müssen genau, umfassend und aktuell sein, um aussagekräftige Ergebnisse zu liefern, die als Grundlage für Planungsentscheidungen dienen können.
Durch die Sammlung detaillierter Informationen über Flugrouten, Flugzeugtypen, Bevölkerungsdichte und Flächennutzung aus einer Vielzahl von Quellen können Flughäfen zuverlässige Karten erstellen, die das Ausmaß ihrer Umweltauswirkungen genau widerspiegeln. Anhand dieser Karten können die Flughäfen Maßnahmen ergreifen, um den durch ihren Betrieb verursachten Fluglärm zu reduzieren.
Es ist empfehlenswert, alle verfügbaren Datenquellen zu prüfen und Tests mit Lärmkartensoftware durchzuführen, um die relative Komplexität der Datensätze, die Auswirkungen auf die Verarbeitungszeit und etwaige Unterschiede im berechneten Lärmpegel bei der Verwendung verschiedener Produkte zu bewerten.