Nach dem Start der neuerlichen Verdi-Warnstreiks im Tarifkonflikt um die Entlohnung der Beschäftigten in der Luftsicherheit an deutschen Flughäfen haben verschiedene Branchenverbände und vor allem Airlines scharfe Kritik an der Gewerkschaft geübt.
Der Bundesverband der Deutschen Fluggesellschaften (BDF) sprach sich angesichts der flächendeckenden Warnstreiks dafür aus, dass der Bund andere Organisations- und Finanzierungsformen für die hoheitlichen Luftsicherheitskontrollen prüft.
"Erneut müssen wir zusehen, wie Verdi die Reisenden im Luftverkehr in Geiselhaft nimmt, um ihre Forderungen durchzusetzen, die zum Teil Berufsgruppen betreffen, die mit den Passagierkontrollen an den Flughäfen überhaupt nichts zu tun haben", erklärte BDF-Geschäftsführer Michael Engel.
Die bestehende Struktur, wonach der Staat die Passagierkontrollen als hoheitliche Aufgabe übernimmt und private Sicherheitsdienstleister mit den Kontrollen beauftragt, mache alle Beteiligten "erpressbar", kritisierte der BDF. Die Kosten dafür hätten sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt. Der Bund müsse nun rasch alternative Organisationsstrukturen und eine günstigere Umsetzung prüfen.
Kritik kommt auch von den ausländischen Airlines, die nach Deutschland fliegen. Das weiterhin unkooperative Verhalten seitens der Gewerkschaft sei in keiner Weise nachvollziehbar oder akzeptabel, sagte Michael Hoppe, Generalsekretär des Barig: "Die erhebliche Schädigung des Luftverkehrsstandorts Deutschland muss sofort aufhören."
Ryanair appellierte sogar an die deutsche Regierung, Streiks in der Luftsicherheit grundsätzlich zu verbieten. Die Bundesregierung sei aufgefordert, "sofortige Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass das Sicherheitspersonal an Flughäfen, das eine wesentliche Funktion ausübt, weiter streikt", heißt es in einer Aussendung. Nach zwei Jahren pandemiebedingter Reiseunterbrechungen sei es nicht hinnehmbar, dass das deutsche Sicherheitspersonal zum dritten Mal innerhalb von drei Wochen streike.
Nach Angaben des deutschen Flughafenverbandes ADV dürften die Streiks voraussichtlich zehntausende Passagiere betreffen. Der Flughafenverband forderte die Gewerkschaft auf, eine Lösung am Verhandlungstisch zu finden, anstatt erneut zu streiken. Die Fluggäste könnten den Streiks nicht ausweichen, sagte Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel. Er kritisierte auch den grundlegenden Kurs bei Verdi: "Streiks an den Flughäfen sind längst keine Ausnahme mehr. Stattdessen sind Arbeitsniederlegungen zu einem leichten Mittel der Wahl geworden, um Partikularinteressen unerbittlich durchzusetzen."
BDL: Verdi-Warnstreik unverhältnismäßig
Der erneute Aufruf "überspannt den Bogen eines Warnstreiks", erklärte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) Matthias von Randow am Dienstag. Obwohl weder Flughäfen noch Airlines mit Verdi im Tarifkonflikt stünden, "trifft dieser Streik in erster Linie den Luftverkehr und viele tausende Reisende".
Das sei "unfair" und erschwere den Firmen der Branche und deren Beschäftigten die wirtschaftliche Wiederbelebung nach der Corona-Krise, fuhr der BDL fort. Er sprach von einer "unverhältnismäßigen flächendeckenden Lahmlegung des Luftverkehrs". Damit verlasse Verdi die "Grundlage einer verantwortungsvollen Tarif- und Arbeitskampfpolitik".
Der Luftverkehrsverband bündelt Interessen unter anderem von Fluggesellschaften, Flughäfen und der Deutschen Flugsicherung. Er sitzt im aktuellen Tarifkonflikt nicht am Verhandlungstisch - dort streiten Verdi und der Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) über mehr Geld für die etwa 25.000 Sicherheitskräfte an den deutschen Verkehrsflughäfen.