Die Rückkehr nordamerikanischer Flüge in den asiatisch-pazifischen Raum beschleunigt sich bis 2024. Ein Aufschwung in Asien ist besonders wichtig für Fluggesellschaften, bei denen Langstreckenflüge einen größeren Teil der Einnahmen ausmachen.
Die Airlines haben im letzten Sommer mit horrenden Preisen für Flüge nach Europa einen Nachholbedarf geweckt. Mit einer Rückkehr zu diesen Preisen ist im nächsten Jahr jedoch nicht zu rechnen, da die Kapazitäten wachsen, so einige Analysten.
Auch der Geschäftsreiseverkehr erholt sich in Asien. Nach Angaben der Global Business Travel Association werden die Reiseausgaben im asiatisch-pazifischen Raum in diesem Jahr um 41 Prozent auf 567 Milliarden US-Dollar (rund 522 Millionen Euro) und bis 2027 auf 800 Milliarden US-Dollar steigen.
Air Canada schätzt, dass der Verkehr nach Asien im nächsten Jahr "etwa 80 Prozent" des Niveaus von 2019 erreichen wird, sagte der Vizepräsident für Netzwerkplanung der Fluggesellschaft gegenüber Reuters. Die geplante Kapazität, über die bisher noch nicht berichtet wurde, ist eine deutliche Erholung gegenüber 2022, als der Asien-Pazifik-Verkehr der Fluggesellschaft 33 Prozent des Niveaus von 2019 betrug.
Boeing 787 "Dreamliner" der Air Canada. © Air Canada
Während United Airlines, American Airlines und Delta Air Lines im laufenden Quartal weniger Sitze in den asiatisch-pazifischen Raum anbieten als 2019, sind die Zahlen auf Jahresbasis um 75 Prozent gestiegen, so das Luftfahrtanalyseunternehmen Cirium.
In den ersten drei Monaten des Jahres 2024 werden die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr um etwa 79 Prozent steigen. Im Gegensatz dazu werden die Sitzplätze auf den Flügen der drei US-Fluggesellschaften nach Europa jährlich um sechs Prozent zunehmen.
Gewinnspannen auf Asien-Routen hoch
Der asiatisch-pazifische Raum ist bei der Erholung der weltweiten Reisenachfrage nach der Pandemie hinter den USA und Europa zurückgeblieben. Während der Passagierverkehr in der Region seit der Wiedereröffnung der Grenzen stark angestiegen ist, liegt die Kapazität der internationalen Fluggesellschaften unter dem Niveau von 2019.
Das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage treibt die Gewinnspannen der Fluggesellschaften in die Höhe. Sowohl für United als auch für Delta war der asiatisch-pazifische Raum im dritten Quartal der zweitbeste Markt für Passagiereinnahmen nach dem transatlantischen Markt.
Delta verlagert seine Kapazitäten zu internationalen Ferienzielen, während die Inlandsflüge eher bescheiden wachsen. Die in Atlanta ansässige Fluggesellschaft wird ihre Kapazitäten im Dezemberquartal um bis zu 50 Prozent auf Asien-Pazifik-Flüge ausweiten und erwartet, dass die neuen Flüge "gewinnsteigernd" sein werden.
United plant ebenfalls, die Kapazitäten im asiatisch-pazifischen Raum auf Kosten des Inlandswachstums zu erhöhen, da die Airline darauf setzt, dass Flüge wie von den USA nach Manila auf den Philippinen und von San Francisco nach Neuseeland die "stärksten kurzfristigen Ergebnisse" liefern. Insgesamt hat United die Zahl der Sitze auf Flügen nach Asien im laufenden Quartal im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt, so Cirium.
Auf der anderen Seite der Grenze erklärte Air Canada, dass der Anstieg der Kapazitäten im Asien-Pazifik-Raum das Gesamtwachstum des Unternehmens mehr als verdoppeln würde.
Die Nachfrage nach mehr Flügen nach Asien von Air Canadas Drehkreuz in Vancouver aus dürfte zum Teil durch die wachsende asiatische Einwanderung nach Kanada sowie durch US-Passagiere entstehen, sagte Mark Galardo, Vizepräsident für Netzwerkplanung, in einem Interview.
Kanadas größte Fluggesellschaft verfolgt die Strategie, Amerikaner von US-Städten, die über ihre kanadischen Drehkreuze verbunden sind, zu Zielen in Übersee zu fliegen.
Etwa 80 Prozent des Flugverkehrs gingen derzeit nach Europa, 20 Prozent nach Asien, aber das werde sich mit dem Wachstum des Asienverkehrs ändern, so Galardo.
"Unsere Vorhersage ist, dass sich dieser Anteil innerhalb einer Spanne von fünf bis zehn Prozentpunkten verschieben wird", sagte Galardo und fügte hinzu, dass es noch zu früh sei, eine konkrete Zahl für das nächste Jahr zu nennen.
Die Sperrung des russischen Luftraums und der eingeschränkte chinesische Reiseverkehr nach Nordamerika bleiben jedoch ein Hindernis.
Die Notwendigkeit, den russischen Luftraum aufgrund des Krieges mit der Ukraine zu meiden, hat es für nordamerikanische Fluggesellschaften schwieriger gemacht, Ziele wie Hongkong von den Drehkreuzen an der Ostküste, Newark (New Jersey), Atlanta und Toronto, anzufliegen.
Chinesische Carrier mit größtem Wachstum in Deutschland
Luftraumsperrungen über Russland plagen auch europäische Fluggesellschaften. Der deutsche Luftverkehr bleibt nach der Corona-Krise weiterhin hinter der europäischen Entwicklung zurück. Das gesamte Sitzplatzangebot von allen Flughäfen steige zwar um 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, bleibe aber weiterhin 19 Prozent hinter dem Vor-Corona-Niveau zurück, berichtete der BDL.
Richtung Asien zeige sich dabei aber immer deutlicher, dass Umsteiger zunehmend Drehkreuze außerhalb der EU nutzten. Dies sei Folge wettbewerbsverzerrender Regulierungen seitens der EU, die zu Lasten der europäischen Flughäfen und Airlines gingen.
Die prozentual größten Kapazitätszuwächse im Winterflugplan in Deutschland gibt es bei den chinesischen Carriern. Für diese ist es der erste Winter "nach" Corona und nicht der zweite. Entsprechend gering war die Präsenz im vergangenen Winter. Deshalb wachsen alle chinesischen Airlines deutlich dreistellig von rund 200 (China Southern) bis 1700 Prozent Wachstum (Air China). Wirklich groß sind die Deutschland-Kapazitäten der chinesischen Airlines aber auch diesen Winter noch nicht.
Chinesische Touristen sind aber noch nicht wieder in voller Stärke zurück. Im Jahr 2019 kamen 2,8 Millionen Touristen aus China in die USA. Die Forschungsgruppe Tourism Economics erwartet, dass dieses Jahr nur 991.000 kommen werden.
Eine ungleichmäßige Erholung der chinesischen Reisenachfrage ist für die Fluggesellschaften eine Unbekannte, aber das knappe Angebot dürfte den Gewinn begünstigen, so Raymond James-Analyst Savanthi Syth.
"Ich habe das Gefühl, dass der asiatisch-pazifische Raum sechs bis zwölf Monate hinter dem zurückbleibt, was wir auf dem transatlantischen Markt gesehen haben – China ist dabei der Joker", sagte sie.