Der Europäische Rat hat nun eine Verordnung zur Änderung der bestehenden Sanktionen gegen Russland erlassen. Während die Änderungen grundsätzlich den Anwendungsbereich der Strafmaßnahmen größtenteils erheblich ausweiten, enthält sie in Bezug auf das Leasing von Flugzeugen einen Absatz, der die Auswirkungen deutlich abschwächen könnte.
Demnach können einzelne EU-Mitgliedstaaten nun Leasinggesellschaften Genehmigungen für eine Fortsetzung von Leasingverträgen mit Unternehmen in Russland erteilen. Die Verordnung erlaubt es den Staaten zudem, dies unter "ihnen geeignet erscheinenden Bedingungen" zu tun.
Die neue Ausnahmeregelung ist jedoch nur dann möglich, wenn sie "unbedingt erforderlich" ist, um die Rückzahlung der Leasingraten an eine in der Europäischen Union ansässige Einrichtung oder Einzelperson zu gewährleisten, die selbst keinen Sanktionen unterliegt. Damit wären beispielsweise in der EU ansässige Tochtergesellschaften russischer Banken ausgeschlossen, schlussfolgert CH-Aviation.
In Artikel 3c werden die folgenden Absätze angefügt
(6) Abweichend von den Absätzen 1 und 4 können die zuständigen nationalen Behörden unter ihnen geeignet erscheinenden Bedingungen die Erfüllung von vor dem 26. Februar 2022 geschlossenen Finanzierungsleasingverträgen für Luftfahrzeuge genehmigen, nachdem sie festgestellt haben, dass
a) dies für die Zahlung der Leasingraten an eine nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründete oder eingetragene juristische Person, Organisation oder Einrichtung, die unter keine der restriktiven Maßnahmen nach dieser Verordnung fällt, unbedingt erforderlich ist, und
b) dem russischen Vertragspartner keine wirtschaftlichen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, mit Ausnahme der Übertragung des Eigentums an dem Luftfahrzeug nach vollständiger Begleichung der Leasingverbindlichkeiten.
In der Verordnung wird betont, dass dem russischen Kunden "keine wirtschaftlichen Ressourcen" zur Verfügung gestellt werden sollten, mit Ausnahme des Eigentums an dem Flugzeug, das nach Rückzahlung des Leasingvertrags übertragen werden kann.
Insgesamt öffnet sich damit nun für Leasinggeber in der EU die Möglichkeit, ihre Flugzeuge weiterhin an russische Betreiber zu vermieten.
Gleichzeitig öffnet sich so die Tür für einen möglichen Ankauf der Flugzeuge durch die Airlines. Wie genau das geschehen kann, bleibt aber weiter fraglich.
Rückgabefrist war verstrichen
Laut EU-Sanktionen sollten Russlands Luftfahrtunternehmen eigentlich alle westlichen Leasingunternehmen gehörenden Flugzeuge bis Ende März zurückgeben, die Verträge dann enden. Die Übergangsfrist von einem Monat nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine war aber verstrichen, ohne dass viele Flugzeuge zurückgegeben wurden.
Für Leasinggeber war das Problem bisher kaum lösbar. Denn wenn die Flugzeuge nicht sofort zurückgegeben werden - wonach es nicht aussieht - müssen viele Maschinen wohl abgeschrieben werden. Werden sie ohne offizielle Wartungsprotokolle und ohne Zugriff auf die ebenfalls sanktionierten Ersatzteile gewartet, sind sie quasi nicht mehr zu gebrauchen. Selbst wenn die Flugzeuge eingemottet werden, müssten sie gewartet werden.
Hunderte Flugzeuge westlicher Leasinggesellschaften blieben weiter in Russland in Betrieb und wurden sogar russisch registriert, was Beobachter als Enteignung ansehen. Dadurch entsteht für die europäischen Leasingfirmen sowie die Versicherer eine sehr schwierige Situation. Die Versicherungsbranche spricht bereits von dem größten Flugzeugversicherungsfall in der Geschichte.