Flughäfen sind nicht immer schön, einige sind sogar recht gesichtslose Zweckbauten. Das gilt in Teilen auch für den neuen Berliner Flughafen. Zumindest die südlich und nördlich des neuen Hauptterminals gelegenen Piers sind recht sachlich gehalten. Dasselbe gilt auch für den nachträglichen Anbau "Terminal 2".
Aber die für Billigflieger geplanten Bereiche unterscheiden sich in ihrer Schlichtheit deutlich vom Rest des BER. Das neue Terminal 1 präsentiert sich dem Fluggast in einer eleganten Nussbaumoptik. Die durchgängig gesetzten Holzvertäfelungen verleihen dem neuen Hauptstadtflughafen dabei einen ganz eigenen Look, eine ganz spezielle Signatur.
Kein Zweifel: Zumindest in Flughäfen ist rotbraunes Nussfurnier mehr als ungewöhnlich. Aber dennoch: Das durchaus als gewagt geltende Innen-Design harmoniert ausgezeichnet mit den Hinweisschildern in bordeauxrot. Zusammen mit den sandfarbenen Marmorplatten des Bodens und dem Schwarz der tragenden Grundkonstruktion ergibt sich eine beruhigend-warme Atmosphäre.
Ob das zu Berlin passt, sei dahingestellt. Aber die stimmige Holzoptik des neuen Flughafens ist nicht das einzige Design-Merkmal, das den BER einzigartig macht. In die schlicht-auffällige Gradlinigkeit des Nussbaum-Dekors fügen sich nämlich hier und da Kunstwerke in die gestalterische Gesamtkomposition. Dabei passen sich die von internationalen Künstlern gestalteten Kunstwerke nahtlos in das BER-Design ein, egal ob sie winzig sind, dem vorbeieilenden Passagier gar nicht auffallen oder gleich die halbe Terminaldecke überspannen.
Optische Verbindung von Land- und Luftseite
Aber auch architektonisch geht das BER Terminal 1 durchaus als Kunstwerk durch. Unter dem Motto "Schwerelose Transparenz" ersonnen, überspannt ein einziges, gewaltiges Dach, nur von wenige Säulen getragen, alles von der Vorfahrt bis zur Fluggastbrücke. So entsteht eine optische Verbindung von Land- und Luftseite. Eine 70.000 Quadratmeter große Glasfassade umspannt die Stahlkonstruktion und bietet zahlreiche faszinierende Aus- und Einblicke.
Erdacht wurde das Gebäude von Meinhard von Gerkan, demselben Architekten, der als sein erstes großes Projekt auch schon den Flughafen Tegel entworfen hatte. Sein Büro war Generalplaner, dessen Kündigung verstärkte 2012 das Chaos. "Ich bin trotzdem guter Hoffnung, dass dieser Flughafen, wenn er fertig ist, ins Herz der Berliner wächst", sagte von Gerkan zu den vielen Verzögerungen.
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Die Anlagen dazu hat der neue Flughafen auf alle Fälle. Auch wenn der BER in seiner schlichten Modernität wenig mit dem radikal neu und anders gedachten sechseckigen Gebäudekranz gemein hat, der Tegel seinerzeit zum Flughafen der kürzesten Wege machte - und den die Berliner auch gerade deswegen bis heute so lieben. Architektonisch geht der Flughafen Tegel den Berlinern ohnehin nicht verloren. Ikonische Elemente wie Anzeigetafeln und Leitsystem sollen möglichst in die Nachnutzung integriert werden. Ohnehin steht der gesamte Gebäudekomplex unter Denkmalschutz.
Ein Teil von Tegel zieht sogar mit um an den BER. Und dabei sind nicht nur die Mitarbeiter und Gerätschaften gemeint. Auch ein Kunstwerk ist umgezogen. "Der Fall Daidalos und Ikaros", 1985 von Rolf Scholz erschaffen, hat einen neuen Platz im BER gefunden. Die Skulptur zeigt Otto Lilienthal, nach ihm wurde der Flughafen Tegel benannt. Die Bronze stand dort zuletzt am Eingang zur Besucherterrasse.
Aber es gibt auch neue Kunst am BER, und zwar nicht zu knapp. Immerhin standen rund zwei Millionen Euro dafür zur Verfügung. Allerdings handelt es sich um eine Selbstverpflichtung des Staates, bei öffentlichen Bauten einen Teil der Baukosten für Kunstwerke zu verwenden. Damit soll dem baukulturellen Anspruch des Bundes als Bauherr Rechnung getragen werden.
Check-In unter dem fliegenden Teppich
Für die "Kunst am Bau" am BER war eigens ein Wettbewerbsverfahren ausgeschrieben worden. Die Künstler sollten sich dabei mit dem Thema "Luft-Land" auseinandersetzen. Gewonnen haben sechs Künstler, alle international, viele mit starkem Berlin-Bezug. Die ausgewählten Entwürfe seien "international Weltklasse", sagte der damalige Jury-Vorsitzende und immer noch tätige Direktor der Berliner Nationalgalerie, Udo Kittelmann, bei der Präsentation von nunmehr zehn Jahren.
Den wohl prominentesten Platz belegt eine riesige Installation von Pae White. Die US-Amerikanerin lebt und arbeitet in Los Angeles. Der 37 mal 27 Meter große "Magic Carpet" aus rotem Metallgewebe schwebt unter der Decke der Check-In-Halle. Im Flughafen fungiert der "fliegende Teppich" laut Künstlerin als "Membran zwischen Bekanntem und Unbekanntem, Realität und Imagination, Erinnerung und Hoffnung".
Der "Sterntalerhimmel" am neuen Hauptstadtflughafen befindet sich dagegen ganz unscheinbar auf dem Boden. Rund 5400 Münzen aus rund 200 Ländern haben die Künstler Cisca Bogman und Oliver Störmer dafür gesammelt und in die Marmorplatten der Ankunftsebene verteilt. Die Verlockung ist groß, sich zu bücken und diese aufzusammeln. Im Probebetrieb passierte das sogar regelmäßig, wie gemunkelt wird.
"Als wir dem Sterntalerhimmel konzipiert haben, hatten wir einen poetischen Gedanken", sagt Störmer. "Da reist jemand aus einem fernen Land an und findet am Berliner Flughafen eine heimatliche Münze." Jetzt wirke es vielleicht, überlagert durch das Desaster um die Flughafeneröffnung, wie ein Symbol für Geldverschwendung, so Störmer: "Das war aber nicht unsere Absicht."
Kein A380 am Gadget-Gate
Eine weitere Erinnerung an die knapp neun Jahre Verzögerung wirkt auch die große Perlenkette von Olaf Nicolai, die sich um die Airbus-A380-Fluggastbrücke schlingt. Denn das speziell für A380 ausgelegte Gate war eine bauliche Dreingabe für die großen Netzwerk-Ambitionen des ehemaligen Flughafen-Hauptkunden Air Berlin - und sollte herausstechen.