Mauerfall und deutsche Vereinigung brachten British Airways in die Bredouille, musste sie doch ihre zuvor jahrzehntelang profitablen innerdeutschen Routen aufgeben. Die Briten bedienten sich als Gegenmaßnahme einer neuen deutschen Tochter. Andreas Spaeth zeichnet die wechselvolle Geschichte in der zweiteiligen Serie "DBA – Aufstieg und Fall" nach. Dies ist Teil 2, Teil 1 lesen Sie hier.
Bis Anfang 1999 war die DBA-Flotte deutlich verjüngt, insgesamt 13 fabrikneue 737-300 wurden von Boeing in Seattle nach München überführt. Das Durchschnittsalter der aus 18 Boeing 737-300 bestehenden Flotte betrug zu diesem Zeitpunkt nur anderthalb Jahre.
Die DBA wurde jetzt auch mehr in das Oneworld-Allianzsystem eingebunden, zu dessen Gründungsmitgliedern British Airways (BA) gehörte, so flog sie selbst Codeshare-Verbindungen mit Iberia etwa von München nach Madrid und Barcelona oder mit Finnair von Hamburg nach Helsinki.
Und der Fokus auf den Heimatmarkt begann Früchte zu tragen: "Auf den sieben innerdeutschen Strecken, die wir geflogen sind, hatten wir ein Drittel Marktanteil, teilweise sogar 36 bis 38 Prozent, auf der Route zwischen Köln/Bonn und Berlin-Tegel waren es durch den Beamtenshuttle, den wir für die Bundesregierung flogen, sogar mehr als 40 Prozent", berichtet Carl Michel. Der British-Airways-Manager mit österreichischen Wurzeln war seit 1995 Chef der deutschen Dependance.
Trotzdem fällt seine Gesamtbilanz gemischt aus: "Wir konnten die BA-Vorgaben dahingehend erfüllen, dass wir auf eine gute zweite Position im deutschen Markt gekommen sind und mehr oder weniger eine schwarze Null erreicht haben. Wir haben sie allerdings nicht erfüllen können in den Punkten, dass wir uns nicht in Frankfurt etablieren konnten und dass das Umsteigergeschäft eben nicht so profitabel ist wie direkte Strecken."
Seit 1997 gab es die Schokoladenherzen bei der Deutschen BA. © Deutsche BA
Das Ende der Zeit von Carl Michel zunächst bei der DBA und später auch bei der Mutter sowie der ihres Förderers Bob Ayling als BA-Chef stürzte die DBA in eine Sinnkrise und ungewisse Phase. "Als Ayling und ich weg waren, kam der Australier Rod Eddington als neuer BA-CEO und hat gefragt: Was machen wir eigentlich in Europa? Wir verdienen kein Geld mit 18 Flugzeugen, und die Kapitalrendite ist nicht gut", erinnert sich Carl Michel.
"Das Europa-Interesse von BA und ihr Interesse an der DBA haben dann spürbar nachgelassen. Die DBA konnte nie entscheidend zum Umsatz beitragen, es war immer ein harter Kampf, die Briten dafür zu interessieren", so der einstige Firmenchef.
DBA wird plötzlich zum Billigflieger mit Kampfpreisen
Zunächst versuchte sich die DBA nun als Billigfluggesellschaft zu positionieren, wie sie Anfang des neuen Jahrtausends nun auch in Kontinentaleuropa den Markt dominierten. Mit der Abschaffung des Vielfliegerprogramms und Kampfpreisen auf einzelnen Strecken versuchte sich die DBA mehr aus der Not heraus denn einem schlüssigen Konzept folgend, in diesem Segment aufzustellen.
Kurz bevor Germanwings Ende Oktober vom Drehkreuz Köln/Bonn aus an den Start ging, senkte die DBA ihre Tarife auf der Berlin-Route auf bis zu zehn Euro. Im Geschäftsjahr 2001/2002 wurde ein Verlust von 37 Millionen Euro ausgewiesen, diesen versprach der neue Chef Adrian Hunt zu halbieren, wobei allerdings durch die niedrigeren Preise auch die Umsätze sanken.
Bis September 2003 wollte Hunt die Gewinnschwelle erreichen, was auch deshalb von großer Bedeutung war, weil der britische Billigflieger Easyjet, einer der Marktführer in Europa, 2002 eine für ein Jahr gültige und durch monatliche Gebührenzahlungen an die DBA untermauerte Kaufoption erworben hatte. Die allerdings sollte nur ausgeübt werden, wenn die DBA zuvor ihre Kosten auf das Niveau anderer Billigflieger würde absenken können, eine kaum zu lösende Aufgabe im Hochpreisland Deutschland.
An diese Zeit hat Martin Gauss, damals Flugbetriebsleiter, intensive Erinnerungen: "Ich persönlich habe, auch als ich im Management war, geglaubt, dass wir diese Firma erfolgreich machen können. Als ich mehr Einblick bekam, habe ich allerdings gesehen, wo die Probleme lagen und überlegt, was würde besser gehen. Ich glaube, das Easyjet-Modell hätte für uns sehr effektiv funktioniert, in meiner Position war ich in der Integrationsgruppe mit EasyJet", so Gauss.
Easyjet lässt die Übernahme platzen
Die Option für Easyjet sah vor, dass die lukrativen Charter- und Nachtluftpostverträge bereits gekündigt wurden – ein Risiko, weil beides wichtige Einnahmequellen waren, die allerdings mit dem Billigflug-Konzept unvereinbar waren.
"Das ist alles passiert, um zu Easyjet Deutschland zu werden, die DBA-Mitarbeiter haben sogar schon begonnen, diese Kultur anzunehmen und das zu übertragen", erinnert sich Martin Gauss. Der Kurs war klar: "Wir sind Vollgas gefahren, die Integrationsgruppen haben von beiden Seiten den Fahrplan abgearbeitet, es gab keinen Zweifel", war er überzeugt.
Doch Mitte März 2003 war plötzlich Schluss – Easyjet sagte die Übernahme ab. Als Gründe wurden die strikten Arbeitsregelungen in Deutschland genannt und eine abrupt verschlechterte Lage auf dem deutschen Flugmarkt auch als Folge der aggressiveren Preise von Lufthansa. Vor allem aber hatte der britische Billigflieger mehr Produktivität der Piloten gefordert mit flexibleren Arbeits- und längeren Flugzeiten.
"Gescheitert ist es an zwei Dingen: Wir hatten sehr schwierige Verhandlungen mit der Piloten-Vereinigung Cockpit, aber auch bei Easyjet gab es intern Widerstände, jetzt nach Go auch noch die DBA zu übernehmen", erinnert sich Martin Gauss. Das machte die Lage für die DBA plötzlich prekär.
Boeing 737-700 der Easyjet © AirTeamImages.com / Steve Flint
Hans-Rudolf Wöhrl übernimmt
"Wir hatten dann ein Problem, weil wir nun wieder allein dastanden und alle lukrativen Verträge gekündigt hatten. Da gab es eigentlich nur noch die Möglichkeit, die Airline zu schließen. Das war eine Vakuumzeit damals", berichtet Martin Gauss.
Jetzt trat Luftfahrt-Veteran Hans-Rudolf Wöhrl wieder in Aktion, der 2000 aus dem Aufsichtsrat der DBA ausgeschieden war. "Zum Ballast der BA gehörte seit 1992 ihr deutscher Ableger, der nach einer millionenschweren Qualitätsoffensive gegen die Lufthansa kürzlich auch mit einem Billigkonzept und zu schlechter Letzt auch noch beim Verkauf an Easyjet gescheitert war" schreibt Wöhrl in seiner Autobiographie.
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