Wenn am 31. Oktober der neue Hauptstadtflughafen BER eröffnet, benötigt die Betreibergesellschaft auf absehbare Zeit weiter staatliche Unterstützung. Speziell vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie sieht Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) weiteren Bedarf an staatlichen Hilfen auch für den Hauptstadtflughafen BER.
Der Flughafen eröffne in einer Zeit, in der der Luftverkehr die größte Krise ihrer Geschichte erlebe, sagte Scheuer am Dienstag im RBB-Inforadio. Für den BER heißt das, dass wir uns die Wirtschaftspläne für die nächsten Jahre noch einmal intensiv anschauen müssen.
Dass der staatliche Betreiber in den kommenden Jahren wenig Luft für weitere Investitionen hat, räumte jüngst auch FBB-Chef Engelbert Lütke-Daldrup ein. Die wirtschaftliche Lage sei durch die Corona-Krise "dramatisch".
Man werde in den kommenden Jahren weiter auf Hilfszahlungen der Eigentümer Berlin, Brandenburg und dem Bund angewiesen sein. Es sei ungewiss, wann mit Gewinnen durch den Flughafenbetrieb zu rechnen sei. Ursprünglich wollte der Flughafen 2026 Geld mit dem Flughafen verdienen.
Auch ohne die Corona-Krise bezifferte die FBB den Förderbedarf auf rund 792 Millionen bis 2024. Aufgrund der der Pandemie fielen die Umsatzerlöse zwischen 250 und 470 Millionen Euro geringer aus, schreibt die "Zeit". Die Eigentümer der Flughafengesellschaft haben ihre Unterstützung in Form eines Darlehens jedoch bereits für dieses Jahr mit rund 300 Millionen und für kommendes Jahr mit 500 Millionen Euro zugesichert.
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"Finanziell eine Katastrophe"
"Corona ist für den BER eine Katastrophe. Die Idee, mit dem Flughafen schnell Geld verdienen zu können, mussten die Betreiber sich abschminken" sagt Martin Gornig vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung Berlin (DIW) gegenüber der "Zeit."
Zudem sei es für die Flughafengesellschaft schwierig, die angehäuften Schulden in Millionenhöhe zu tilgen, meint der Berliner Grünenabgeordnete Harald Moritz. Denn gleichzeitig schlagen laufenden Kosten, Zinsen und Abschreibungen weiter zu buche.
Ein weiteres Problem ist, dass der FBB in Folge der Corona-Krise der Zugang zum freien Kapitalmarkt derzeit verwehrt ist. Das erklärte Flughafenchef kürzlich gegenüber dem Brandenburger BER-Sonderausschuss. Damit muss die öffentliche Hand den Flughafen weiter unterstützen.
Die Kostenentwicklung des BER
Insgesamt wird der BER bis zu seiner Eröffnung knapp sechs Milliarden Euro gekostet haben dreimal so viel wie 2006 vorgesehen.
2006: Beim ersten Spatenstich sprechen die Betreiber von Baukosten von zwei Milliarden Euro (Jahreskapazität: 22 Millionen Passagiere, Terminalfläche: 220.000 Quadratmeter).
2007: Die Summe steigt auf 2,2 Milliarden Euro, auch das Terminal wird größer (25 Millionen Passagiere, 300.000 Quadratmeter).
2009: Der Flughafen nennt Investitionskosten von 2,5 Milliarden Euro (27 Millionen Passagiere, 300.000 Quadratmeter).
2012: Nach der Absage der für Juni geplanten Eröffnung sickert durch, dass der Bau schon mehr als drei Milliarden Euro gekostet hat (27 Millionen Passagiere, 340.000 Quadratmeter). Der Bund und die Länder Berlin und Brandenburg erhöhen den Finanzrahmen auf 4,3 Milliarden Euro.
2014: Die zweite Finanzspritze: Bund und Länder schießen 1,1 Milliarden Euro zu, um den Bau und den Schallschutz für die Anwohner fertigzustellen. Eine angestrebte Kapazitätserweiterung ist darin nicht enthalten.
2016: Ein Kredit von 1,1 Milliarden Euro wird bewilligt, unter anderem für Zinszahlungen und für Erweiterungen des Flughafens. Es wird klar, dass das Terminal zum Start erst 22 Millionen Passagiere bewältigen kann.
Der Finanzrahmen ist nun auf 6,5 Milliarden Euro gewachsen. Davon haben die Eigentümer rund 2,7 Milliarden Euro zugeschossen. Sie bürgen zudem für die Kredite in Höhe von insgesamt 3,5 Milliarden Euro.
2018: Bislang wurden 5,3 Milliarden Euro verbaut und in den Schallschutz der Anwohner gesteckt. Weil die Eröffnung des Flughafens wieder verschoben worden ist - auf 2020 - wird aber ein Teil des Erweiterungsgelds für die Terminalsanierung gebraucht. Für den späteren Ausbau braucht der Flughafen mindestens weitere 500 Millionen Euro.
Scheuer will BER zum Drehkreuz machen
Die Politik müsse jetzt Lösungen anbieten, sagte Scheuer. Diese seien mit Nothilfen verbunden - auch für den BER. Das werde bei einem nationalen Luftverkehrsgipfel am 6. November besprochen.
>Der Minister sagte zu, sich für mehr internationale Flüge am BER einzusetzen. "Ich bin mit Airlines in Kontakt. Aber dazu gibt es noch kein Licht am Ende des Tunnels, weil die Airlines momentan eher reduzieren. Aber Berlin ist unsere Hauptstadt, Berlin muss ein Drehkreuz sein."