In Großbritannien ist eine scharfe Diskussion um die von Premierminister Boris Johnson geplante 14-tägige Quarantäne für Flugreisende nach Großbritannien entbrannt. Die Maßnahme soll innerhalb der nächsten Wochen umgesetzt werden und für alle ankommenden Passagiere außer jene aus Irland und Frankreich gelten. Die Passagiere müssen bei Einreise eine Adresse für ihre sofortige Selbstisolation angeben. Verstöße sollen mit Geldstrafen, aber auch Abschiebungen geahndet werden.
Nachdem Johnson die Maßnahme Ende vergangener Woche zusammen mit weitreichenden Lockerungen der Kontaktbeschränkungen in Großbritannien verkündete, verlangt die Luftfahrtbranche nach wissenschaftlichen Begründungen.
"Eine Quarantäne-Pflicht hätte nicht nur verheerende Auswirkungen auf die britische Luftfahrtindustrie, sondern auch auf die Gesamtwirtschaft", sagte Karen Dee, Geschäftsführerin der Airport Operators Association (AOA) laut "Guardian". "Wenn die Regierung der Ansicht ist, dass Quarantäne medizinisch notwendig ist, sollte sie nach den wissenschaftlichen Erkenntnissen selektiv angewendet werden, es sollte eine klare Ausstiegsstrategie geben und die wirtschaftlichen Auswirkungen auf Schlüsselsektoren sollten gemindert werden. Die Regierung sollte sich zu einer wöchentlichen Überprüfung der Quarantänemaßnahmen verpflichten und die Beweise veröffentlichen, die über das Ergebnis der Überprüfung informieren."
O'Leary tobt
Der Verband der britischen Fluggesellschaften Airlines UK hatte zuvor schon vor Quarantäne-Maßnahmen gewarnt. Dies würde "den internationalen Reiseverkehr nach Großbritannien effektiv töten und der Luftfahrtbranche und der übrigen britischen Wirtschaft einen unermesslichen Schaden zufügen", hieß es in einer Mitteilung. Sollte die Quarantäne kommen, wolle man eine Zusicherung, dass "diese Entscheidung von der Wissenschaft getroffen wurde."
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Der Chef des größten europäischen Billigfliegers Ryanair hat die Quarantäne-Pläne als "idiotische Maßnahme" bezeichnet. "Das ist Unsinn und es hat keinen Einfluss darauf, die Ausbreitung von Covid-19 zu begrenzen", sagte Michael O'Leary dem Fernsehsender ITV. O'Leary fügte hinzu, man brauche stattdessen effektive Maßnahmen wie Masken und Messungen der Körpertemperatur.
Regierung will Branche gezielt helfen
Ryanair will seinen Flugbetrieb zum Sommer wieder deutlich hochfahren. Ab 1. Juli sollen 40 Prozent der regulären Flüge wieder stattfinden, teilte das Unternehmen am Dienstag in Dublin mit. Voraussetzung sei aber, dass die Regierungen die Reisebeschränkungen für Flüge innerhalb der EU lockern und an den Flughäfen Sicherheitsmaßnahmen zum Gesundheitsschutz eingeführt würden.
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Auf einer Pressekonferenz in der Downing Street sagte Verkehrsminister Grant Shapps, die Luftfahrtindustrie habe "sowohl ein kurzfristiges Problem, weil die Menschen jetzt nicht fliegen, als auch ein längerfristiges Problem der Erholung". Sowohl er als auch Schatzkanzler Rishi Sunak hätten der Branche mitgeteilt, dass Gespräche über "maßgeschneiderte“ Hilfe geführt werden könnten.