Großaufträge über hunderte Boeing 787 "Dreamliner" bescheren Boeing einen wichtigen wirtschaftlichen und politischen Punktsieg im lukrativen Geschäft mit Großraumflugzeugen gegen den europäischen Rivalen Airbus.
Doch nun steht der US-Luftfahrtriese vor der schwierigen Aufgabe, diese vielen 787 in einer Zeit beispiellosen Drucks auf die Lieferketten auch wirklich zu produzieren und auszuliefern.
Erst am Dienstag hatte Boeing die Bestellung von 78 Dreamlinern bekannt gegeben, die zwischen der staatlichen Saudi Arabian Airlines (Saudia) und der neuen nationalen Fluggesellschaft Riyadh Air aufgeteilt wird.
Der 37-Milliarden-Dollar-Auftrag (34,9 Milliarden Euro), den Boeing als fünftgrößten Auftrag für Zivilflugzeuge nach Wert bezeichnet, folgte auf eine Order von United Airlines im Dezember über 100 "Dreamliner" und die Großbestellung durch Air India, die immerhin noch 20 Boeing 787 umfasst.
Während Airbus bei der Air-India-Bestellung mit 40 A350-Jets ebenfalls zum Zug kam, konnte der US-Flugzeughersteller sowohl bei United Airlines als auch in Saudi-Arabien punkten.
Vor allem der Auftrag aus Saudi-Arabien wurde in den USA daher als Rückschlag für Airbus gewertet. Noch vor wenigen Monaten war erwartet worden, dass auch die Europäer einen Teil des Auftrags erhalten würden.
Noch im Oktober hieß es, Airbus könnte den Auftrag erhalten. Washington hatte zuvor erklärt, im Streit um die Höhe der Ölförderung "Optionen" in Bezug auf Saudi Arabien zu prüfen, was in diplomatischen Kreisen als ein Tiefpunkt in den Beziehungen zwischen den Ländern bezeichnet wurde.
Seither haben laut Reuters aber sowohl die USA als auch Europa an den Beziehungen zu dem arabischen Land gearbeitet, wobei die endgültige Entscheidung in Riad über die zukünftige Flugzeugflotte der staatlichen Airlines auf höchster Ebene getroffen worden sein soll, wie zwei mit den Verhandlungen vertraute Personen berichten.
Eine europäische Quelle bezeichnete das Ergebnis der Flugzeugbestellung gegenüber der Nachrichtenagentur als "völlig politisch", ein US-Beamter bestritt jedoch, dass es irgendwelche diplomatischen Kompromisse gegeben habe.
Kein Nachfrageproblem – im Gegenteil
Wie dem auch sei, die neuen Bestellungen füllen den 787-Auftragsbestand nach den Auslieferungsstopps der jüngsten Vergangenheit bei Boeing immer weiter. Bis 2026 soll die Produktion nun auf zehn 787-Flugzeuge pro Monat erhöht werden.
Das Ziel ist ambitioniert. Denn Boeing hat aktuell noch immer damit zu kämpfen, drei Flugzeuge pro Monat auszuliefern, warnt Vertical Research-Analyst Robert Stallard. "Wir haben gesehen, dass die Aufträge da sind, um diese Ratensteigerungen zu unterstützen, aber (...) es ist keine Frage der Nachfrage, es wird eine Frage des Angebots sein."
Boeing sieht sich bei der 787 mit einer Vielzahl von Problemen in der Lieferkette konfrontiert, von denen einige in der gesamten Luftfahrtindustrie anzutreffen sind, wie beispielsweise Schmiedeteile und Gussteile für Triebwerke.
Die Flugzeughersteller haben auch noch immer mit den Nachwirkungen der Pandemie zu kämpfen, die zu Entlassungswellen und zur Pensionierung von Facharbeitern geführt hat, die jetzt fehlen.
Die "Dreamliner"-Produktionslinie hatte jedoch mit einigen besonderen Herausforderungen zu kämpfen. Darunter ein einjähriger Auslieferungsstopp aufgrund von Qualitätsproblemen in der Produktion, die erst im vergangenen August behoben wurden.
Im Februar erklärte Boeings Finanzchef Brian West dann, dass der Flugzeughersteller die 787-Produktion aufgrund der langsameren Rumpfproduktion bei Spirit Aerosystems herunterfahren musste. Im vergangenen Monat hieß es dann von Boeing, dass vor der Auslieferung bestimmter 787-Flugzeuge ein nicht konformes Bauteil ersetzt werden muss.