Die deutsche Azur Air hat den eigenen Flugbetrieb immer noch nicht wieder aufgenommen. Seit zwei Wochen lässt der Ferienflieger seine Flüge von Subchartern durchführen. Die verbliebene Boeing 737 der Azur Air (D-AZUG) ist am 7. September nach Antalya überführt worden und führt seit dem keine Flüge mehr für die Airline durch.
Das Management hatte noch vor einer Woche angekündigt, dass es sich dabei nur um eine "vorübergehende Maßnahme" handelt - am Dienstag teilte sie auf Anfrage mit, dass man noch nicht wisse, wann Azur Air wieder selbst fliegt. Aktuell ist die Airline nicht zu erreichen.
Mitarbeiter hoffen auf Klarheit
Dies beklagen auch Mitarbeiter. Im Gespräch mit unserer Redaktion weisen sie daraufhin, dass sie fast gar nicht über Planungen informiert werden: "Mal hören wir etwas, mal nicht. Das ist sehr unbefriedigend." Mehrere Crew-Mitglieder berichten, dass nur sehr kurzfristig mitgeteilt würde, "ob wir fliegen müssen".
Allerdings wolle die Airline-Spitze noch in dieser Woche in einem Gespräch die Mitarbeiter persönlich über den aktuellen Stand informieren. "Wir hoffen, dass wir endlich Klarheit bekommen."
Quelle: AOC-Verkauf läuft bereits
Informationen einer internen Quelle zufolge hat Azur Air inzwischen ihr AOC zum Verkauf angeboten. Es gäbe fünf Interessenten, unter anderem die Fracht-Airline Volga Dnepr, heißt es.
Das Fluggastrechteportal EU Claim hat exklusiv für airliners.de die Performance der Azur Air in diesem Sommer ausgewertet. Demnach hatten 57 Flüge von Azur Air zwischen Ende März und Mitte September bei Ankunft mehr als drei Stunden Verspätung. Dies sind 8,2 Prozent aller in diesem Zeitraum durchgeführten Verbindungen.
Verspätete Flüge* | Pünktliche Verbindungen | |
---|---|---|
März** | 2 | 23 |
April | 4 | 80 |
Mai | 4 | 120 |
Juni | 7 | 120 |
Juli | 26 | 170 |
August | 12 | 140 |
September*** | 2 | 40 |
Anmerkungen: * = mehr als drei Stunden bei der Ankunft verspätet; ** = 26. - 31. März 2018; *** = 1. - 18. September 2018. Quelle: EU Claim
Auffällig sei laut Portal, dass in allen 57 Fällen die Airline für eine Entschädigungszahlung haftbar gemacht werden kann. Den Berechnungen nach ergibt das eine gesamte, maximale Entschädigungssumme von rund 3,59 Millionen Euro.
Bis Freitag (21. September) könnten Interessenten noch Angebote einreichen. Weder beteiligte Unternehmen noch das Luftfahrt-Bundesamt wollen sich dazu äußern.
Langstreckengerät ausgeflottet
Ende Juli war bekannt geworden, dass Azur Air ab dem Winter nur noch mit einer Maschine, eben jener Boeing 737, fliegen wird. Gleichzeitig wird die Station in Berlin geschlossen - zahlreiche Mitarbeiter wurden gekündigt.
Und nicht nur die: Weil man auf die Boeing 767 (Kennung: D-AZUA) in der eigenen Flotte verzichtete, mussten rund 60 Flugbegleiter und alle Piloten gehen, die kein Rating für die verbliebene Uniform-Golf hätten. Ohne Boeing 767 kann die deutsche Airline keine Langstreckenverbindungen mehr anbieten wie noch im vergangenen Winter.
Das ist Azur Air
Azur Air Germany wurde 2016 als Bedarfsflieger für den neuen Reiseveranstalter Anex Tour gegründet. Geplant war ein Wachstum auf bis zu sieben Flugzeuge in diesem Jahr mit einem zusätzlichen Langstreckenangebot Richtung Asien. Mittlerweile hat Anex Tour aber angekündigt, im Winter auch andere Charter-Carrier für sein Programm einzusetzen.