Der staatliche Brückenkredit an Air Berlin gerät erneut unter Beschuss: Demnach hat die Bundesregierung das KfW-Darlehen bewilligt, obwohl das extra bestellte Gutachten zu den Rückzahlungschancen noch nicht vorlag, berichtet "Der Spiegel" unter Berufung auf eine Antwort der Regierung auf eine FDP-Anfrage.
Die Wirtschaftsprüfer von Pricewaterhouse Coopers (PwC) übermittelten laut Bericht Donnerstag, den 17. August 2017 die "finale gutachterliche Vorlage zur Übernahme einer Bundesgarantie" an die Regierung. Bereits drei Tage zuvor wurde aber die "politische Entscheidung der Bundesregierung" für den Kredit getroffen. PwC sei am Nachmittag des 12. August erstmalig über den Vorgang informiert worden, belegen auch E-Mails, über die jüngst berichtet wurde.
Ministerien sollen sich mit Lufthansa abgestimmt haben
Darin heißt es von PwC an einen Regierungsbeamten: "Unter uns: Kriegen wir keine Aussage zu möglichen Rückführungen, wird das dünn etwas aufzuschreiben", notierte ein PwC-Mitarbeiter in einer E-Mail.
Auch die Air-Berlin-Anwälte von BRL Boege Rohde Luebbehuesen, die das Darlehen zugunsten der Insolvenzmasse vorbereiten sollten, schrieben laut Zeitung: "Wir unterstellen, dass das Darlehen unbesichert gegeben werden muss."
Da die nötigen Sicherheiten fehlten, knüpfte die Bundesregierung den Kredit an Absichtserklärungen der Lufthansa, mit LGW und Niki große Teile der Air Berlin übernehmen zu wollen. Gleichzeitig sei das Vorgehen der beteiligten Ministerin "frühzeitig mit Dax-Konzern abgestimmt" worden.
Niki-Erlös ging nicht in Air-Berlin-Insolvenzmasse
Die Bundesregierung hatte der Pleite-Airline kurz nach der Insolvenzbekanntmachung im August vergangenen Jahres mit einem Darlehen in Höhe von 150 Millionen Euro geholfen - offiziell, um deutsche Urlauber während der Sommerferien nach Hause zu bringen. Inoffiziell vermuteten Branchenkenner, dass damit lediglich die Slots der Air Berlin gesichert werden sollten, damit der Carrier attraktiv genug für eine Übernahme bleibt.
Dass der deutsche Staat die komplette Darlehenssumme inklusive Schulden zurückbekommt, ist mittlerweile so gut wie ausgeschlossen. Denn der Verkauf der Airline-Töchter LGW und Niki an Lufthansa für über 200 Millionen Euro scheiterte an den europäischen Kartellbehörden. Stattdessen übernahm Lufthansa nur LGW; Niki wurde in einem österreichischen Verfahren für knapp 50 Millionen Euro an Gründer Lauda verkauft, weswegen die Summe nicht in die Air-Berlin-Insolvenzmasse eingeht.
Angaben in Millionen Euro | |
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LGW-Kauf der Lufthansa |
18 |
Easyjet übernimmt Tegel-Engagement |
40 |
Offener Betrag (inklusive Zinsen) |
107 |
Anmerkungen:
Der Kaufpreis von Thomas Cook für die Air-Berlin-Tochter Aeronautics (Aviation) ist nicht bekannt.
Laut Angaben des Bundes sind bis zum 9. Januar 61 Millionen Euro zurückgezahlt worden. Quelle: Eigene Recherche