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"Air Berlin ist nicht tot", © privat
Air-Berlin-Abwickler Lucas Flöther: "Eine schnelle Lösung war unumgänglich." © privat
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Die Pleite der Air Berlin war geprägt von sehr vielen Emotionen. Teilweise standen Flugbegleiter sowie Piloten, die über Jahrzehnte bei der Airline gearbeitet und die die letzten, finanziell schweren Jahre miterlebt hatten auf einmal vor einem Trümmerhaufen. Einer, der jedoch bei allem immer einen kühlen Kopf bewahren musste, ist Rechtsanwalt Lucas Flöther, der offiziell zum Insolvenzverwalter von Air Berlin und später auch Niki eingesetzt wurde. Anfangs schaute er bei der Insolvenz in Eigenregie dem Management um Airline-Chef Thomas Winkelmann "nur" auf die Finger, im November wurde er dann mit der endgültigen Abwicklung des Unternehmens betraut.

airliners.de: Herr Flöther, der Verkauf der Air Berlin ging gefühlt sehr schnell …
Lucas Flöther:: Ja, da war Eile geboten. Das hat zwei Gründe: Im Gesetz steht, dass der Insolvenzverwalter die Masse unverzüglich verwerten muss. 'Unverzüglich' definieren wir Juristen als 'ohne schuldhaftes Verzögern'. Ich will aber jetzt gar nicht zu sehr juristisch werden. Es heißt also einfach, dass man schnellstmöglich verkaufen muss und die Masse zugunsten der Gläubiger verwertet. Dafür gibt's einen guten Grund - und das ist der zweite Punkt, der gerade eine Airline besonders trifft, die ja über sehr volatile Vermögenswerte verfügt. Gerade bei Air Berlin war wenig, was man wirklich anfassen kann. Zu der Airline gehörten kaum physische Assets - die Flugzeuge waren alle geleast und fielen somit auch nicht in die Insolvenzmasse. Daher reden wir über immaterielle Vermögenswerte wie beispielsweise Slots, und die kann auch ein Insolvenzverwalter nicht ewig halten. Gleiches gilt auch fürs AOC. Kurzum: Eine schnelle Lösung war unumgänglich.

Dem gegenübergestellt zeigt ja gerade der Fall Alitalia beispielhaft, dass alles auch sehr lang dauern kann …
Absolut. Wir haben in Deutschland ein relativ straffes Korsett - sowohl was das Luftverkehrsrecht anbelangt, aber auch das Insolvenzrecht. Und da es unabhängig vom Thema AOC in einem Insolvenzverfahren immer Unwägbarkeiten gibt, war die Entscheidung, schnellstmöglich zu verkaufen, die absolut richtige.

Das klingt unglaublich positiv; aber wenn wir doch noch mal zurückblicken: Gibt es etwas, das aus Ihrer Sicht hätte besser laufen können?
Aus Sicht der der damaligen Situation waren die Entscheidungen, die wir getroffen haben, überwiegend richtig. Hinterher ist man natürlich immer schlauer. Ich kann nach jedem Insolvenzverfahren sagen: 'Wenn ich ein paar Dinge vorher gewusst hätte, hätte ich einige Weichen anders gestellt.'

Über den Interviewpartner

Lucas Flöther wurde 1999 als Anwalt zugelassen, sechs Jahre später wurde er zum Fachanwalt für Insolvenzrecht. Die Abwicklungen von Air Berlin und kurzzeitig auch der Niki ist nicht das einzige bekannte Verfahren unter der Regie des gebürtigen Leipzigers. Er koordinierte unter anderem die Abwicklungen des Modeunternehmens Basler, der Unister-Gruppe, des Fahrradherstellers Mifa und des Discounters Mäc Geiz.

Welche zum Beispiel?
Dazu gehört definitiv der Verkauf von Niki an Lufthansa. Und auch der gescheiterte Verkauf von NIKI an IAG. Ich habe mit vielen Experten gesprochen und die waren alle erstaunt, dass Brüssel letztlich sagte, selbst eine Insolvenz von Niki ist für den Markt besser als der Verkauf an Lufthansa. Hätte man diese Weggabelung vorher schon gekannt, hätte man da natürlich von vorneherein anders reagieren können …

… und das LGW-Niki-Paket anders geschnürt?
Wir hätten uns während des Verkaufsprozesses auf andere Bieter konzentrieren können, die aber natürlich geringere Kaufpreise boten. Doch die Entscheidung der Kommission war damals eben nicht absehbar.

Bleiben wir noch mal bei Niki: Die EU-Kommission stoppt den Verkauf an Lufthansa und ein österreichisches Gericht den Verkauf an IAG - was von Beidem hat Sie mehr überrascht?
Ehrlich gesagt kann ich es nicht sagen. Beides waren ziemlich große Überraschungen. Die Entscheidung aus Österreich, ein zweites Verfahren zu eröffnen, ist rein insolvenzrechtlich absolut überraschend. Da hätten ja 99,9 Prozent aller Insolvenzrechtler vorher vermutlich gesagt, dass das völlig abwegig ist. Und dass die Kommission den Verkauf an Lufthansa stoppt, war in dieser Härte ebenfalls nicht absehbar. Dass die Kommission so hart urteilt, hätte niemand gedacht.

Wie beurteilen Sie das Bundesdarlehen über 150 Millionen Euro, das ja nun doch nicht vollständig zurückgezahlt wurde?
Wenn das Massedarlehen nicht gewährt worden wäre, wäre Air Berlin am ersten Tag gegroundet worden. Das hätte massive Auswirkungen auf die Passagiere gehabt. Aber für mich als Insolvenzrechtler entscheidend: Air Berlin hätte einen Großteil der Slots, also der Assets, verloren. Ein unkontrolliertes Grounding hätte einen strukturierten Verkaufsprozess unmöglich gemacht.

Kommen wir zum Status-Quo: Wie definieren Sie Air Berlin noch?
Air Berlin ist nicht tot. Der Flugbetrieb ist eingestellt, aber das Unternehmen ist nicht verschwunden. Die sogenannten Rechtsträger existieren weiter - insbesondere die Luftverkehrs KG und die PLC. Die verfügen natürlich nicht mehr über die Assets wie am Anfang des Verfahrens. Aber es gibt durchaus noch beträchtliche Vermögenswerte wie Ansprüche gegen Dritte, die wir in den kommenden Jahren einziehen, oder auch die Markenrechte. Zudem beschäftigt Air Berlin immer noch Mitarbeiter. Das sind nicht mehr Tausende, aber immer noch rund 100, die uns bei der Abwicklung unterstützen. Erst in einigen Jahren wird der letzte Vermögensgegenstand verwertet und die letzte Forderung eingezogen sein. Und erst dann kann das Insolvenzverfahren abgeschlossen werden. Dann wird auch der Rechtsträger aus dem Handelsregister gelöscht. Das ist dann das wirkliche Ende - aber das kann noch mehr als ein Jahrzehnt dauern.

Wovon werden die Mitarbeiter, die Sie gerade angesprochen haben, bezahlt?
Die werden aus der Insolvenzmasse bezahlt.

Da sind wir schon beim Blick in die Zukunft - was kommt in diesem Jahr noch?
Ein ganz großes Thema ist die Aufarbeitung der Buchhaltung, wie etwa die Intercompany-Sachverhalte. Alle Konzerntöchter haben ja auch miteinander Rechtsgeschäfte abgeschlossen, und das muss insolvenzrechtlich aufgearbeitet werden. Wir müssen dabei jeden einzelnen Rechtsträger separat betrachten, weil es unterschiedliche Gläubigerstrukturen gibt. Das ist bei einem Konzern dieser Größenordnung sehr aufwändig. Hinzu kommt, dass wir auch nicht mehr auf alle Mitarbeiter zurückgreifen können. Diese Aufgabe wird uns aber weit über dieses Jahr hinaus beschäftigen..

Herr Flöther, vielen Dank für das Gespräch.


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