Beim Berliner Arbeitsgericht sind fast 2000 Klagen gegen das Management und den Insolvenzverwalter der Air Berlin eingereicht worden. Dies sagte eine Gerichtssprecherin zu airliners.de. Abwickler Lucas Flöther ließ eine Anfrage bislang unbeantwortet.
Überwiegend wurde wegen des geltenden Bestandsschutzes geklagt, so die Kammer. Unter anderem machen die Kläger geltend, dass ihre Kündigungen "unwirksam" seien, weil es einen Betriebsübergang gegeben habe. Nach airliners.de-Informationen geht es hierbei um die Teilverkäufe an Easyjet, Eurowings und Niki Lauda. Bisherige Klagen gingen bislang alle ersten Instanz für die Mitarbeiter verloren, weil es für deren Anwälte schwierig war, Betriebsübergänge als Voraussetzung für den besonderen Kündigungsschutz im Falle einer Insolvenz nachzuweisen.
Neue Beschäftigung
Gut ein halbes Jahr nach dem letzten Flug der Air Berlin haben laut der Bundesagentur für Arbeit mindestens 3140 der rund 8000 früheren Mitarbeiter der insolventen Airline einen neuen Arbeitsplatz. Allein in Berlin habe bis jetzt etwa jeder zweite Mitarbeiter eine neue Beschäftigung gefunden, der sich gemeldet habe. Ein ähnliches Bild am ehemals zweitgrößten Air-Berlin-Standort Düsseldorf: Von gut 2750, die sich gemeldet haben, würden noch rund 730 beraten und vermittelt.
Der britische Billigflieger hat einen Großteil des Engagements des Krisen-Carriers am Flughafen Berlin-Tegel erworben. Infolgedessen startet Easyjet seit Jahresbeginn vom Cityairport der deutschen Hauptstadt und will bis zum Winter 25 Flugzeuge in Tegel stationiert haben. Gleichzeitig sind viele Mitarbeiter von Air Berlin gewechselt - inklusive einer Vereinbarung mit Verdi.
Zudem sind Teile von Air Berlin wie folgt veräußert worden:
- Eurowings hat die Regionaltochter LGW von Air Berlin komplett übernommen. Der Kauf der Ferienflugtochter Niki hingegen scheiterte an den EU-Wettbewerbsbehörden. Gleichzeitig sicherte sich die Lufthansa Group rund 80 Maschinen der Air Berlin.
- Nach einem regelrechten Krimi, durfte Gründer Niki Lauda seine Airline Ende Januar zurück kaufen. Seit Ende März hebt sie unter dem Namen Lauda Motion ab. Kurz nach dem Start verkündete Lauda eine Partnerschaft mit Ryanair, was offenbar seine bisherigen Partner Condor und Eurowings verschreckte. Im Winter soll sich Lauda Motion auf europäische Metropolverbindungen konzentrieren.
- Auch Condor sicherte sich ein Teil der Air Berlin - nämlich die Air Berlin Aeronautics. Diese fliegt mit eigenem AOC inzwischen unter dem Namen Thomas Cook Aviation für Condor. Der Reisekonzern überweist nach Angaben eines Insiders einen mittleren einstelligen Millionenbetrag.
- Die Sparte Air Berlin Technik ging an ein Konsortium aus Zeitfracht und Nayak über; die Logistiktochter Leisure Cargo landete bei Zeitfracht.
Der Bund hatte Air Berlin nach Bekanntwerden der Pleite mit 150 Millionen Euro in der Luft gehalten - offiziell, um deutsche Urlauber während der Sommerferien nach Hause zu bringen. Inoffiziell vermuteten Branchenkenner, dass damit lediglich die Slots der Air Berlin gesichert werden sollten, damit der Carrier attraktiv genug für eine Übernahme bleibt.
Angaben in Millionen Euro | |
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LGW-Kauf der Lufthansa |
18 |
Easyjet übernimmt Tegel-Engagement |
40 |
Offener Betrag (inklusive Zinsen) |
107 |
Anmerkungen:
Der Kaufpreis von Thomas Cook für die Air-Berlin-Tochter Aeronautics (Aviation) ist nicht bekannt.
Laut Angaben des Bundes sind bis zum 9. Januar 61 Millionen Euro zurückgezahlt worden. Quelle: Eigene Recherche